Ministerin rüttelt an Normen für Kita-Neubauten

Berlin · Die Bundesfamilienministerin drückt aufs Gaspedal: Kristina Schröder fordert von Ländern und Kommunen wegen des neuen Rechtsanspruchs mehr Tempo beim Ausbau der Betreuungsplätze für kleine Kinder.

Berlin. Während die Kritiker des von der schwarz-gelben Koalition geplanten Betreuungsgeldes verlangen, die Mittel besser in den beschleunigten Kita-Ausbau zu investieren, will Familienministerin Kristina Schröder (CDU) nun anderweitig aufs Tempo drücken. Um dem ab kommendem Jahr geltenden Rechtsanspruch auf eine Kita-Betreuung für unter Dreijährige gerecht zu werden, verlangt die Ministerin, auf übertriebene Bauvorschriften für Kindertagesstätten zu verzichten.
Überhöhte Baunormen behinderten den Ausbaufortschritt, sagte Schröder am Freitag unserer Zeitung. Das reiche von Denkmalschutzvorschriften über Deckenhöhen bis zu getrennten Toiletten für weibliche und männliche Erzieher. "Selbst wenn eine Kita direkt neben einem öffentlichen Spielplatz liegt, braucht sie nach Vorschrift zusätzlich einen eigenen Spielplatz", beklagte die Ministerin. Wenn man daher vor der Frage stehe, "ob wir auf Kitaplätze verzichten sollen oder für eine bestimmte Zeit auf manche nicht sicherheitsrelevanten Normen, dann sage ich ganz klar: Lieber ein Moratorium für verzichtbare Normen statt ein Moratorium für den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz."
Aus Schröders Ministerium hieß es, es sei für Länder und Kommunen rechtlich kein Problem, bei Neubauten für eine Übergangszeit Vorgaben weniger streng zu gestalten oder auszusetzen. Man müsse dies nur wollen. Vereinzelte Beispiele dafür gebe es auch schon.
Laut Gesetz soll es ab August 2013 einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder geben. Dafür sind insgesamt rund 750 000 Plätze eingeplant. Ob sich damit der tatsächliche Bedarf abdecken lässt, wird von Experten bezweifelt. Zudem hinken Länder und Kommunen beim Ausbau kräftig hinterher - nach Angaben des Städte- und Gemeindebunds fehlen zur Erfüllung des Rechtsanspruchs noch über 200 000 Plätze. Nach Ansicht Schröders rufen die Länder jedoch nach wie vor zu schleppend die zur Verfügung stehenden Sondermittel des Bundes ab - mit Stand 16. April sind 1,44 Milliarden Euro abgeflossen, 700 Millionen Euro stehen noch bereit. Schröder wies darauf hin, "dass die Länder zuerst alle Bundesmittel abrufen dürfen und erst dann mit Landesgeldern in der Pflicht sind. Das verlockt natürlich, mit den eigenen Anstrengungen länger zu warten als nötig."
Laut der neuesten Erhebung des Ministeriums sind bei der Fertigstellung von Neubauten mit Hilfe von Bundesmitteln Hamburg, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen ganz vorn. Schlusslicht ist Nordrhein-Westfalen. Schröder kritisierte, die Länder legten nach wie vor zu wenig Wert auf ein "wirksames Controlling-Instrument für die realen Ausbaufortschritte". Für "eine Feinsteuerung" mit Blick auf fehlende Betreuungsplätze im letzten Jahr bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs sei aber "ein Abbild der Wirklichkeit" nötig.

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