Ministerpräsidentin Malu Dreyer im Volksfreund-Interview über den Asylkompromiss

Mainz · Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat den Asylkompromiss im Grundsatz begrüßt. Allerdings müsse der Bund für deutlich mehr Personal sorgen, um die Vorgaben umzusetzen, sagte Dreyer im Gespräch mit unserem Korrespondenten Stefan Vetter.

 Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Foto: Fredrik von Erichsen/Archiv

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Foto: Fredrik von Erichsen/Archiv

Frau Dreyer, was bringt der neue Asylkompromiss für die Länder?

Malu Dreyer: Für uns heißt das, dass künftig keine Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten mehr auf die Länder verteilt werden. Stattdessen werden diese Verfahren dann nur an drei bis fünf Stellen in Deutschland bearbeitet.

Aber nur noch die allerwenigsten Flüchtlinge kommen aus solchen Staaten zu uns.

Dreyer: Sie haben recht. Die Debatte der vergangenen Wochen war hier sehr aufgebauscht. Aber das hat die CSU zu verantworten.

Für die Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten werde es beschleunigte Verfahren geben, heißt es in dem Beschluss. Das ist doch bereits geltendes Recht, oder?

Dreyer: Ja, im Grunde genommen ist das schon ein Teil des ersten Asylpakets, das wir bereits im September verabredet haben. Neu ist, dass mit den geplanten Aufnahmeeinrichtungen nun die organisatorischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Denn im Moment gibt es noch kaum Zentren, in denen Aufnahme und sofortige Bearbeitung des Asylverfahrens an einem Ort erfolgen. Es bleibt das Ziel, dass die Verfahren für alle Flüchtlinge schneller werden müssen.

Wie sollen diese Aufnahmeeinrichtungen funktionieren, wenn es schon jetzt überall an Personal bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme mangelt?

Dreyer: Die Aufnahmezentren können natürlich nur dann funktionieren, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sicherstellt, dass ausreichend Entscheider vor Ort sind, um die Verfahren auch wirklich schnell abzuschließen. Das ist wie schon gesagt auch der Wunsch, den wir für alle Flüchtlinge haben.

Viele Flüchtlinge müssen gegenwärtig länger als ein halbes Jahr warten, bevor sie ihren Asylantrag überhaupt stellen können. Dagegen soll in den Aufnahmeeinrichtungen künftig binnen drei Wochen entschieden werden. Ist das nicht völlig unrealistisch?

Dreyer: Nein, das ist machbar. Länder wie die Schweiz und die Niederlande kriegen das ja auch hin. Aber es geht natürlich nur dann, wenn ausreichend Personal vorhanden ist. Das ist das A und O.

Und da sind Sie optimistisch?

Dreyer: Wenn die drei Vorsitzenden der Berliner Koalitionsparteien sich auf dieses Ziel geeinigt haben, dann gehe ich davon aus, dass der Bund auch für das erforderliche Personal sorgen wird. Allerdings sage ich auch: Obwohl es schon länger eine politische Verabredung gibt, die Asylverfahren generell auf höchstens drei Monate zu begrenzen, haben wir in Rheinland-Pfalz nach wie vor lediglich 22 Entscheider. Das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben am Donnerstag zugesagt, dass hier bald Abhilfe geleistet wird. Darauf warten wir.

Im Beschluss der Parteichefs ist auch von einer Aussetzung des Familiennachzuges die Rede. Lässt sich der Flüchtlingsstrom damit deutlich reduzieren?

Dreyer: Das betrifft etwa 1700 Flüchtlinge in Deutschland. Asylsuchende, die der Genfer Flüchtlingskonvention unterstehen, also zum Beispiel Syrer oder Iraker, sollen nicht darunterfallen. vet

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort