Haushalt 2019/20 Lehrer, Richter, Ingenieure: Wo das Land investiert und wo es den Rotstift ansetzt

Mainz/Trier · Weil die Wirtschaft blüht, investiert das Land und kann einen historischen Erfolg melden.

 Die blühende Wirtschaft sorgt für reichlich Einnahmen.

Die blühende Wirtschaft sorgt für reichlich Einnahmen.

Foto: Klaus Kimmling

Über das Wochenende hatte sich die rheinland-pfälzische Landesregierung zur Klausur zurückgezogen. Es braucht keine große Fantasie, sich die rauchenden Köpfe vorzustellen. Denn Minister und Staatssekretäre schnürten das Zahlenwerk zusammen, das die Politik der kommenden beiden Jahre bestimmt – den Doppelhaushalt 2019/20. Landeschefin Malu Dreyer stellte das Ergebnis am Montag vor. Erstmals seit dem Jahr 1969, frohlockt die SPD-Politikerin, nehme Rheinland-Pfalz keine neuen Schulden auf. „Darauf bin ich stolz.“ Doch was bleibt tatsächlich vom Haushalt?

Mit welchem Ergebnis rechnet das Land in den kommenden Jahren?

Rheinland-Pfalz legt schon 2019 einen Haushalt vor, in dem es ohne Schulden auskommt. Das Land rechnet dabei mit einem strukturellen Überschuss – dieser ist bereinigt von Konjunktureinflüssen – von 111 Millionen Euro. 2020 müsste die Ampelregierung ohnehin die Schuldenbremse einhalten. Da soll der strukturelle Überschuss bei 229 Millionen Euro liegen.

Warum verzeichnet das Land satte Überschüsse?

Weil die Einnahmen stärker als die Ausgaben steigen. Nach dem Haushaltsplan klettern die Einnahmen bis 2020 um 9,7 Prozent auf rund 18,7 Milliarden Euro. Damit profitiert Rheinland-Pfalz vor der guten Wirtschaftslage deutschlandweit. Alleine bei Steuereinnahmen rechnet das Land 2020 mit 15,3 Milliarden Euro, wo es in diesem Jahr noch 13,6 Milliarden Euro sind. Die Ausgaben steigen bis 2020 um gut sieben Prozent auf 18,33 Milliarden Euro.

Was passiert mit Überschüssen?

Das Land will nach Angaben von Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) Altschulden tilgen, die Ende des vergangenen Jahres bei 32,7 Milliarden Euro lagen. Mit Rücklagen will die Landesregierung ferner vorsorgen, falls sich die wirtschaftliche Lage doch verschlechtern oder Zinsen steigen sollten.

Investiert das Land dann überhaupt noch Geld?

Ja. Die Investitionsausgaben steigen bis 2020 von 1,08 Milliarden Euro auf etwa 1,2 Milliarden Euro.

Wo will die Ampelkoalition das Land voranbringen?

Die Investitionen wirken ein wenig wie nach dem Gießkannenprinzip, weil die Landesregierung an vielen Ecken nachlegt. Für schnelles Gigabit-Breitbandnetz will das Land in den kommenden Jahren 575 Millionen Euro bereitstellen. Um die im Koalitionsvertrag vereinbarte Unterrichtsversorgung von 100 Prozent an Schulen zu erreichen, schaffen SPD, FDP und Grüne 260 zusätzliche Lehrerstellen. Die Polizei bekommt pro Jahr 25 weitere Stellen für Kommissaranwärter. Um marode Landesstraßen zu reparieren, stockt die Regierung die Mittel von nun 121 Millionen Euro auf 126 Millionen Euro im Jahr 2020 auf. Nachdem schon 76 Ingenieursstellen besetzt wurden, soll der Landesbetrieb Mobilität um 61 weitere Kräfte verstärkt werden, wovon Projekte wie der A1-Lückenschluss in der Eifel profitieren könnten. Auch die Mittel für Tourismus steigen in den kommenden beiden Jahren von 5,5 auf zehn Millionen Euro an.

Wer ist der größte Gewinner der Haushaltsverhandlungen?

Justizminister Herbert Mertin (FDP) dürfte besonders zufrieden sein. 265 zusätzliche Stellen bekommt alleine die Justiz – unter anderem durch neue Richter, Staatsanwälte oder Anwärter im Justizvollzug. In den Gefängnissen wuchs die Not zuletzt durch brutalere Gewaltakte von Inhaftierten, wie in Wittlich, wo ein Häftling jüngst vier Bedienstete verletzte. Landesweit zählen auch die Beamten zu den Gewinnern des Haushaltsentwurfs: Ihre Besoldung soll über die Tarifübernahme hinaus in 2019 und 2020 um je zwei Prozent erhöht werden soll. Damit will das Land Nachwuchs binden.

Wo setzt das Land den Rotstift an?

Beim Personal will das Land weiter sparen. Das Programm, wonach bis 2020 insgesamt 2000 Stellen gestrichen werden sollen, erfüllt die Ampelkoalition aber nicht. 1650 Stellen sollen bis dahin abgebaut werden und 350 in den Folgejahren, teilt Finanzministerin Doris Ahnen nun mit. Gerade in den Gefängnissen waren schnelle Streichungen verworfen worden, weil die Zahl der Häftlinge steigt. Zugleich meldet das Land einen zusätzlichen Bedarf von 1500 Stellen an – wie in Bildung, Sicherheit, Justiz und Hochwasserschutz. „Würden wir nicht darauf eingehen, was sich im Land verändert, würde das kein Mensch verstehen“, sagt Malu Dreyer. Die Personalausgaben bleiben ein großer Batzen. Diese klettern in den kommenden beiden Jahren von 6,5 auf gut 7,2 Milliarden Euro.

Wann wird der Haushalt verabschiedet?

Der Entwurf geht erstmals im Oktober ins Parlament.
Danach setzen sich alle Parteien mit dem Konzept auseinander. Verabschiedet werden soll der Doppelhaushalt dann im Dezember im Landtag.

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