Mitreden, mitmachen, mitgestalten: Die große Chance für alle Bürger

Trier · Als realitätsfremd, kostenintensiv und nutzlos beschreiben Gemeinden der Region eine Gesetzesänderung, die zu mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung führen sollte. Ausschüsse tagen nun öffentlich - doch es interessiert sich dafür fast niemand.

 Trierer Kommunalpolitiker tagen seit einem halben Jahr grundsätzlich öffentlich. Auf Bildschirmen (wie im Hintergrund) können die Gäste die Tagesordnungspunkte sehen und welcher Politiker wie abgestimmt hat. TV-Foto: Marcus Hormes

Trierer Kommunalpolitiker tagen seit einem halben Jahr grundsätzlich öffentlich. Auf Bildschirmen (wie im Hintergrund) können die Gäste die Tagesordnungspunkte sehen und welcher Politiker wie abgestimmt hat. TV-Foto: Marcus Hormes

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Ein Ende der Hinterzimmerpolitik sollte die Gesetzesänderung bringen, mehr Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung. Doch die erste Bilanz, die Kommunen der Region Trier ziehen, nachdem in Rheinland-Pfalz im Juli 2016 eine neue Gemeindeordnung in Kraft getreten ist, fällt teils vernichtend aus. Als realitätsfremd, teuer und nutzlos beschreiben sie die Gesetzesänderung. Sie führe zu mehr Bürokratie, aber nicht zu mehr Bürgerbeteiligung. "Die lässt sich nicht durch ein Gesetz verordnen", sagt Moritz Petry (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Südeifel.

Wesentliche Änderung ist, dass auch Ausschüsse nun öffentlich tagen. Allerdings zeigt der Blick in die Ratssäle der Region, dass die persönliche Betroffenheit schon sehr groß sein muss oder ein Thema sehr heiß, um Bürger dazu zu bringen, ihre Freizeit dort zu verbringen. So heiß wie das Theater am Trierer Theater, das mehr als 100 Menschen zum Kulturausschuss lockte.

Meist jedoch bleiben die Zuschauerränge leer. Noch weniger Interesse haben Bürger, sich Haushaltspläne anzusehen und eigene Vorschläge einzubringen - was nun möglich wäre. Egal, ob im Hunsrück, an der Mosel oder in der Eifel - die Verwaltungen klagen über mehr Arbeit und Ausgaben.

So müssen sie nun für jeden einzelnen Tagesordnungspunkt jeder Ausschusssitzung in jedem Dorf prüfen, ob "schutzwürdige Interessen Einzelner" betroffen sind. Falls ja, muss das Thema doch hinter verschlossener Türe verhandelt werden. Und auf den ersten Blick ist dies oft gar nicht erkennbar. Kann sich hinter dem Tagesordnungspunkt "Nutzung des Gemeindehauses" doch durchaus ein heftiger Streit zwischen Feiernden und Anwohnern verstecken.

Einen weiteren Nachteil sehen manche darin, dass Ratsmitglieder sich in öffentlichen Sitzungen nicht mehr trauten, ihre Meinung zu sagen. Günther Schartz (CDU), Landrat des Kreises Trier-Saarburg, fürchtet gar, dass das Gesetz zu echter Hinterzimmerpolitik führen könnte, da Debatten ins Vorfeld der Sitzung verlegt würden.

Was Bürger annehmen, ist, dass es nun einfacher ist, Bürgerentscheide herbeizuführen. Doch auch dies sehen Bürgermeister wie Michael Hülpes (Hermeskeil, CDU) kritisch, könnten sich so doch Einzelinteressen zulasten des Gemeinwohls durchsetzen.

Es gibt aber auch positive Stimmen. So sagt Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD), es werde mehr und sachlicher diskutiert. Er bewertet die neue Öffentlichkeit als einen guten Schritt, der Bürger besser in politische Entscheidungen einbinde.

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