Mordanklage gegen falsche Mutter

TRIER. Vier Monate nach dem grausamen Tod eines zweijährigen Mädchens in Lissendorf (Kreis Daun) hat die Trierer Staatsanwaltschaft jetzt Mordanklage gegen eine 31-jährige Kamerunerin erhoben. Deren Verteidiger erwartet einen "harten und spektakulären" Prozess.

Das Martyrium der kleinen Latifah nahm selbst einen gestandenen Staatsanwalt wie den Trie-rer Chef-Ankläger Horst Roos mit. Das Kind war nach den Feststellungen eines Gerichtsmediziners offenbar längere Zeit brutal misshandelt worden, ehe es in einer Nacht Ende November vergangenen Jahres starb. Der Leitende Oberstaatsanwalt sprach später von Vorgängen, "die unser Vorstellungsvermögen übersteigen".Stiche und Biss-Spuren

Die vermeintliche Mutter der Zweijährigen, eine 31-jährige Frau aus Kamerun, hatte Latifahs Verletzungen mit einem Treppensturz begründet. Unmöglich, meint der Gerichtsmediziner. Ältere Blutergüsse und Narben sprächen vielmehr dafür, dass das Kind über eine längere Zeit hinweg körperlich schwer misshandelt worden sei.

Die möglichen Ursachen diverser Verletzungen lesen sich wie Anleitungen aus einem Folterhandbuch: büschelweise herausgerissene Haare, Stiche von einer Nagelschere, Biss-Spuren an Armen und Beinen, ein gebrochener Oberarm und Rückenverletzungen, die nach Expertenmeinung daher stammen, dass die Zweijährige mit Wucht gegen eine Tür geschleudert worden war.

Das kleine Mädchen starb letztlich an den Folgen all dieser Verletzungen. Als Verursacherin kommt nach Meinung der Trie-rer Staatsanwaltschaft nur die 31 Jahre alte Frau aus Kamerun infrage. Sie sitzt unter Mordverdacht in Untersuchungshaft.

Die mit einem Deutschen verheiratete Frau hatte sich ursprünglich als Latifahs Mutter ausgegeben. Dass dies nicht der Wahrheit entsprach, entdeckten die Ermittler erst bei einem Vergleich der DNA-Analysen. Auch den Namen Latifah hatte dem Mädchen erst ihre vermeintliche Peinigerin gegeben. In Wirklichkeit hieß das Mädchen Salomé.

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte eine Cousine der 31-jährigen Kamerunerin das kleine Kind Anfang 2005 in Obhut gegeben, um ihm in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen. Den deutschen Behörden soll die Frau dann unter Vorlage einer falschen Geburtsurkunde vorgespiegelt haben, es handele sich um ihr leibliches Kind. Davon war offenbar auch der deutsche Ehemann der Kamerunerin überzeugt.

Seit Ende Januar lebte die dreiköpfige Familie in Lissendorf (Kreis Daun), "unauffällig", heißt es aus Ermittlerkreisen. Die Situation eskalierte offenbar erst, nachdem sich die Eheleute ab dem Spätsommer vorigen Jahres immer häufiger in die Haare bekamen und der Mann schließlich auszog.

Erst danach begannen nach Erkenntnissen der Ermittler die Misshandlungen. Warum, ist auch für die Staatsanwaltschaft noch ein Rätsel. "Wir können uns keinen Reim darauf machen", sagte Triers Leitender Oberstaatsanwalt Horst Roos nach der Tat dem TV, "das Motiv ist für uns ein Rätsel."

Angeklagte schweigt weiter

Daran hat sich nach Informationen unserer Zeitung auch vier Monate später nichts geändert. Die in der Justizvollzugsanstalt Koblenz unter Mordverdacht einsitzende Frau schweigt weiter zu den Vorwürfen. "Das ist ihr gutes Recht", sagt ihr Verteidiger, der Trierer Rechtsanwalt Otmar Schaffarczyk. Er richte sich auf einen "harten und spektakulären Prozess" ein, kündigt der Jurist schon einmal vollmundig an. Es bleibe abzuwarten, ob seiner Mandantin die Täterschaft nachgewiesen werden könne.

Davon allerdings ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Vier Monate nach dem Tod des kleinen Mädchens hat sie jetzt Anklage gegen die 31-jährige Kamerunerin erhoben - wegen Mordverdachts. Der Prozess vor dem Trierer Landgericht dürfte somit spätestens Ende Mai beginnen.

Den Ehemann der Frau haben die Ermittler übrigens zwischenzeitlich in Spanien ausfindig gemacht. Er soll mit den grausamen Misshandlungen nichts zu tun haben.

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