Neonazis schießen sich gegenseitig ab

TRIER. Wegen eines Trierer Neonazis gibt es Knatsch bei der rechtsradikalen NPD. Ein kompletter ostdeutscher Kreisverband ist aus der Partei ausgetreten, darunter auch mehrere brandenburgische Vorstandsmitglieder. Grund der Austrittswelle: Der Trierer NPD-Aktivist ist ein gebürtiger Bosnier.

Die rechtsradikalen Möchtegern-Revolutionäre schießen sich gegenseitig ab: Weil ihnen ihr Trierer Parteikollege Safet Babic "nicht deutsch genug" ist, hat sich der NPD-Kreisverband Prignitz-Ruppin vor einer Woche selbst aufgelöst. Nach einem dem TV vorliegenden Bericht des brandenburgischen Verfassungsschutzes hat die in den strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands besonders aktive Partei aber nicht nur einen kompletten Kreisverband verloren, sondern auch ihren Landesvorsitzenden Mario Schulz sowie vier weitere Landesvorstandsmitglieder.Den Deutschen nicht deutsch genug

Als Grund des Massenaustritts habe Schulz die Kandidatur des Trierer Jura-Studenten Safet Babic (22) für die Europa-Wahl im Juni angeführt. Babic war beim NPD-Bundesparteitag im vergangenen Herbst in Saarbrücken auf Listenplatz 21 gewählt worden. Mit dieser Nominierung habe sich die NPD von ihrem Grundsatz "Deutscher ist, wer deutschen Blutes ist", verabschiedet, schwadronieren die abtrünnigen Neonazis in einer Pressemitteilung. Die Partei habe damit ihr Existenzrecht verloren und reihe sich ein "bei den Feinden unseres Volkes". Gegen die "rassistische, menschenverachtende Blut- und Boden-Mystik" des ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Schulz machen vor Ort die Grünen mobil. Der Grünen-Kreisverband Prignitz will Schulz wegen seiner "demagogischen, rechtsradikalen Ausfälle" anzeigen - wegen Volksverhetzung. Der Neonazi-Funktionär und seine Getreuen wiederum kündigten derweil an, in Brandenburg eine "Bewegung neue Ordnung" zu gründen. Diese Organisation könne der NPD "als Spaltpilz gefährlich werden", glauben die Verfassungsschützer. Der personelle Ausgangspunkt des parteiinternen Spaltvorgangs, Safet Babic, sorgte damit schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen für Schlagzeilen. Der 22-jährige gebürtige Bosnier mit deutschem Pass hatte erst Ende vergangenen Jahres in Trier Aufsehen erregt, als ihm mit seiner "Freiheitlich-Sozialen Liste" (FSL) der Einzug ins Studierenden-Parlament (Stupa) der Universität gelang. Angesichts der gewohnt schlechten Wahlbeteiligung (18 Prozent) reichten schon 45 Stimmen und ein paar wirre Forderungen ("Streichung der Zuschüsse zu volksfeindlichen Projekten"; "Stärkere Politisierung der Studentenschaft") für einen Sitz im Stupa aus. Das 30. Studierenden-Parlament hat sich noch nicht einmal konstituiert, da kündigte NPD-Europakandidat Safet Babic kurz vor Weihnachten in einer Mail an alle Studenten an, dass sich seine Liste an der nächsten Stupa-Wahl nicht mehr beteiligen werde. Die paradox klingende Begründung: "Unser Projekt hat schon jetzt sämtliche von uns gestellten Ziele erfüllt." Wo die Trierer Uni nach Meinung des selbst ernannten "Befreiungsnationalisten" Babic scheinbar ausreichend "beackert" ist, hat sich die FSL nun eine neue Zielgruppe für ihr krudes Gedankengut ausgesucht - die Bevölkerung. "Die vielfältigen Erfahrungen, die wir auf dem Campus gesammelt haben, werden wir ins Volk tragen", kündigt der NPD-Aktivist vollmundig in seiner Mail an. Wenn Safet Babic dabei ähnlich schnell die Luft ausgeht wie im Trierer Studierenden-Parlament, wird sein Ausflug "ins Volk" wohl nur von angenehm kurzer Dauer sein.

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