Nur ein "unwichtiger" Anruf

Bringt der Hochstapler von Landau jetzt auch CDU-Landeschef Christian Baldauf in die Bredouille? Hat er in der Debatte um den falschen Doktor das Parlament getäuscht? Die SPD ist davon überzeugt und hat eine Sondersitzung des Ältestenrats beantragt. Baldaufs Konter: "Die SPD will nur einen Popanz aufbauen."

Mainz. Der Skandal um Landaus CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Kai Schürholt, der nicht nur Doktortitel und ein Leiden an einem Hirntumor erfunden hat, zieht solche Kreise, dass sie jetzt auch CDU-Landeschef Christian Baldauf erreichen. Denn es gibt Zweifel, dass er an der Kandidatenfindung so unbeteiligt war, wie bislang immer beteuert. Im Landtag hat Baldauf am Mittwoch noch erklärt: "Ich entschuldige mich auch im Namen der CDU dafür, obwohl ich nichts dafür kann, dass die Wählerinnen und Wähler in Landau betrogen worden sind." Auch er fühlt sich als Opfer. Aber dann wird bekannt: Der CDU-Landeschef hat am 19. April dem händeringend nach einem Kandidaten suchenden Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Ralf Göbel einen entscheidenden Kontakt vermittelt - den zu Kai Schürholt. An diesem Tag hat er bei einem Essen mit dem Landesvorsitzenden des Steuerzahlerbunds, Wilhelm Wallmann, im Mainzer Parkhotel "Favorite" auch über die Kandidaten-Not in Landau gesprochen. Als der Bruder des früheren hessischen Ministerpräsidenten meint, er wisse da jemanden, greift Baldauf sofort zum Handy, tippt Göbels Nummer ein und reicht das Telefon an Wallmann weiter. Baldauf sagt heute, er wisse gar nicht mehr, ob der Name Schürholt gefallen ist. Er habe danach das Gespräch nicht verfolgt. Für ihn ist "die Übergabe eines Handys aber weder eine Vermittlung noch Betrug. Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Denn an der Kandidatenauswahl "war ich nicht beteiligt". Auch den Vorwurf, das Parlament getäuscht zu haben, weist er weit von sich. "Da bin ich völlig gelassen." Die SPD macht in seinen Augen "nur aus einer Mücke einen Elefanten". Er will sich "nicht in die Affäre reinziehen lassen", dass er von Schürholts Täuschungsmanövern etwas gewusst haben könnte und hätte in Landau eingreifen müssen. "Ich habe nichts verschwiegen und nicht getäuscht." Sein Anruf bei Göbel ist Baldauf "zu unwichtig" gewesen, um ihn früher zu erwähnen, wie er sagt. Und auch der inzwischen zurückgetretene Kreisvorsitzende Göbel will keine Zweifel an Baldaufs minimaler Kandidatensuche aufkommen lassen: "Er hat nur sein Handy weitergereicht." Für Baldauf mag die Handy-Episode lächerlich sein. Aber die SPD spaßt nicht, wenn er eine Vorlage liefert: Generalsekretärin Heike Raab hält ihm vor, dass er "die eigene Partei, das Parlament und die Bürger getäuscht hat". Für sie ist die Doktor-Affäre auch Beleg, dass er "seine Partei nicht mehr im Griff hat und offensichtlich beträchtlich unter Druck geraten ist". Die SPD-Landtagsfraktion hat "wegen der Täuschung" eine Sondersitzung des Ältestenrats beantragt. Für Fraktionschef Jochen Hartloff hat Baldauf "den Kardinalfehler" in einer Demokratie begangen: "Er hat als CDU-Chef und Fraktionsvorsitzender den Landtag getäuscht. Wer einen solchen Vorschlag einfädelt und auf die direkte Frage das Parlament im Unklaren hält, ist nicht tragbar." Bissig fügt er noch hinzu: "Ein Telefonhalter als Landesvorsitzender der CDU ist sicher zu wenig."

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