Gesundheit Hoffnung nach Sorge um Schlaganfall-Versorgung: Kassenklagen gegen Kliniken könnten bald ruhen

Ein Jurist mit Trierer Vergangenheit soll den Streit zwischen Kassen und Kliniken schlichten, der die Schlaganfall-Versorgung im Land bedroht. Für die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin ist der Tag ein Erfolg.

Rheinland-Pfalz: Kassenklagen gegen Kliniken könnten bald ruhen
Foto: dpa/Stephan Jansen

Von Florian Schlecht

Um schnelle Hilfe bei Schlaganfällen im Land zu sichern, ist ein Durchbruch gelungen. Bei einem runden Tisch im rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium in Mainz einigten sich Krankenkassen und Kliniken auf ein Mediationsverfahren. Schlichten soll den Konflikt um eine Klagewelle Ernst Merz, der Jurist mit Trierer Vergangenheit ist. Der einstige Präsident des Landessozialgerichtes war von 1992 bis 1999 Chef der Europäischen Rechtsakademie in Trier. Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), die zum runden Tisch eingeladen hatte, sagte: „Ich hoffe so schnell wie möglich auf einen Abschluss mit dem Ziel, die gute, flächendeckende Versorgung bei Schlaganfällen halten zu können.“

Geht es nach den Aussagen in Mainz, bewegen sich die Streithähne aufeinander zu. Christiane Firk, Bevollmächtigte des Vorstands der rheinland-pfälzischen AOK, will gegenüber den Gerichten anregen, die Klagen bis zum Ende der Mediation ruhen zu lassen. Martin Schneider, Leiter der Landesvertretung beim Verband der Ersatzkassen sagte: „Die Zeichen stehen auf Deeskalation.“ Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, zeigte sich „in guter Erwartung, dass die wohnortnahe Versorgung erhalten bleibt“.

Momentan türmen sich alleine bei den rheinland-pfälzischen Sozialgerichten mehr als 16 000 Klagen, bei denen Kassen angeblich zu viel bezahlte Leistungen von Kliniken zurückfordern. Weil das Bundessozialgericht in einem Urteil strengere Regeln festlegte, wann Patienten mit besonders schweren Schlaganfällen in eine Spezialklinik wie das Trierer Brüderkrankenhaus transportiert werden müssen, drohen Häuser mit einer kleineren Schlaganfall-Einheit Zuschüsse von Kassen zu verlieren. In der Region betrifft das Daun, Bitburg und Wittlich. Weil Kassen künftig nach einem Bundesgesetz nur noch eine Verjährungsfrist von zwei statt vier Jahren haben sollen und Ansprüche rückwirkend bis zum 9. November stellen mussten, gingen bundesweit mehr als 200 000 Klagen ein.

Alleine der Wittlicher Klinik liegen bereits über 650 Klagen vor, die Summe der geforderten Rückzahlungen belaufe sich im siebenstelligen Bereich. „Ein Erfolg der Klagen hätte dramatische wirtschaftliche Konsequenzen, und ohne eine aufwandsgerechte Vergütung können wir diese hochaufwändige Versorgungsform nicht dauerhaft aufrechterhalten“, warnt eine Sprecherin. Das sagte auch der Dauner Krankenhausdirektor Franz-Josef Jax, der im schlimmsten Fall mit einer Rückzahlung von 1,3 Millionen Euro rechnet.

In anderen Teilen des Landes sind Kliniken genauso in Sorge. Wie in Bad Neuenahr (Kreis Ahrweiler), wo Krankenhausdirektor Thomas Karls und Someieh Partowi als leitende Ärztin der Schlaganfall-Einheit warnen. Bricht die wohnortnahe Versorgung weg, schwebten Betroffene in Gefahr, die für die erste Behandlung in deutlich weiter entfernte Kliniken fahren müssten. Das dürfe nicht passieren: Im Jahr 2030 sei jeder vierter Bürger älter als 65 Jahre, das Risiko eines Schlaganfalls steige im Alter wiederum rasant.

Nun ruht die Hoffnung der Kliniken auf einen Vermittler mit Trierer Vergangenheit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort