Rückkehrer Rock am Ring rockt wieder die Rennstrecke

Nürburg/Mendig · Rock am Ring hat in Mendig nie schwarze Zahlen geschrieben und zieht nun an seinen Ursprung zurück. Der Nürburgring jubiliert, viele Fans sind erfreut - Mendig dagegen ist traurig.

Zum 90. Geburtstag des weltberühmten Nürburgrings kehrt das abgewanderte Musikspektakel Rock am Ring überraschend zurück. Rammstein, Die Toten Hosen, System of A Down - rund 90 Bands werden hier den Fans vom 2. bis 4 Juni. 2017 einheizen. Der Standort Mendig bleibt damit eine Anekdote, nur zweimal - 2015 und 2016 - ging das Event dort über die Bühne.

Besitzerwechsel und Streit

Manche wunderten sich, warum ein Festival nach einer Rennstrecke benannt ist, aber auf einem Flugplatz steigt. Die Gründe: Insolvenz des Nürburgrings 2012, Besitzerwechsel, Streit um die finanziellen Bedingungen für Rock am Ring - und ein nun wieder rückgängig gemachter Umzug. Am Montag verkündet Veranstalter Marek Lieberberg die Kehrtwende: Es geht zurück an den Geburtsort von Rock am Ring. 1985 hat Lieberberg am Nürburgring das Open-Air-Festival aus der Taufe gehoben. Joe Cocker, David Bowie, Udo Lindenberg, Bryan Adams, Bob Dylan, Elton John, Bon Jovi, Guns N'Roses - sie alle haben den Ruf von Rock am Ring mitgeprägt.

Die Rückkehr zum Gründungsort stößt auf Facebook bei Tausenden Fans auf Begeisterung. "Nächstes Jahr wird wieder besser", "Kriegste sogar doch echtes Ring-Feeling" und "Juchhu, wieder in die Boxengasse quetschen" heißt es hier beispielsweise. Doch es gibt auch Fans, die den Abschied von Mendig bedauern: "Die Bühnen waren viel besser geeignet, und man hatte vom Camping zu den Bühnen nur kurze Wege."

Lieberberg begründet die Rückkehr mit ständig erweiterten Auflagen beim Umwelt-, Arten- und Gewässerschutz in Mendig. Diese machten "weitere Investitionen in Millionenhöhe erforderlich, ohne auf Dauer eine Genehmigungsfähigkeit zu gewährleisten". Gemeint ist unter anderem die vorgeschriebene Schaffung großer Ausgleichsflächen für Vögel.

Nie in die schwarzen Zahlen

"Wenn man bedenkt, dass wir das Gelände überhaupt nicht belastet haben und die Feldlerche nach vier Tagen schon wieder begrüßen durften, dann zeigt sich die Absurdität vieler Forderungen", sagt Lieberberg. Und ergänzt mit Blick auf den Flugplatz: "Wir sind nie in die schwarzen Zahlen gekommen. Betriebswirtschaftlich rechnet sich Mendig für uns nicht."

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord teilt jedoch mit, die Auflagen seien seit 2015 die gleichen geblieben.

Das Städtchen in der Osteifel spricht enttäuscht vom Ende eines "emotionalen Hypes". Ein Sprecher sagt: "Das ist sehr traurig für die Stadt und die Region." Abertausende Autofahrer hätten sich den Aufkleber "Mendig grüßt Rock am Ring" auf ihr Vehikel geklebt. Für die Region habe das Spektakel "zusätzlich eine enorme mediale Aufmerksamkeit und Wertsteigerung bedeutet".

Ganz anders die Tonart am Nürburgring. Die Betreiber der Rennstrecke freuen sich, "dass wir ein Stück Nürburgring-Geschichte, welches die Menschen hier drei Jahrzehnte lang begeistert hat, zurückgewinnen konnten". Ihre Mitteilung ist überschrieben mit "Willkommen Zuhause". Die schon für Mendig verkauften 40.000 Tickets bleiben gültig. "Jeder Karteninhaber hat aber auch das Recht auf Rückgabe", sagt Lieberberg. Am Ring ist die Zahl der Besucher auf 85.000 gedeckelt. Das sind einige tausend weniger als in Mendig. "Damit können wir leben."

Meinung

Schön, dass der Ring wieder rockt!

Von Katharina De Mos

Man braucht sich nichts vorzumachen: Die Entscheidung, dass Rock am Ring dorthin zurückkehrt, wo es entstand, ist keine nostalgische, sondern eine wirtschaftliche. Die grüne Wiese in Mendig hat sich als kompliziert und unlukrativ entpuppt. Und da die von den Rennstreckenbetreibern als Konkurrenzfestival am Ring geplante Grüne Hölle 2015 grandios scheiterte, waren wohl auch sie inzwischen kompromissbereiter.

Schön, dass diese Einigung nun möglich war! Schön, dass Rock am Ring dorthin zurückkehrt, wo es hingehört. An jenen Ort, den nach rund 30 Jahren Festivalgeschichte Hunderttausende Menschen mit legendären Konzerten, durchfeierten Nächten, Schlammschlachten, Sex, Dosenbier und Rock' n Roll verbinden. Ein Trost ist dies nach den Hunderten Millionen Euro, die in den Nürburgring flossen, auch für den rheinland-pfälzischen Steuerzahler. War der Wegzug des Festivals neben den vielen Hiobsbotschaften im Laufe des Nürburgring-Skandals doch ein schmerzhafter Tiefschlag. So können immerhin auch diejenigen, die mit Motorsport nichts am Hut haben, einmal jährlich von der aberwitzigen Investitionsfreude der damaligen Landesregierung profitieren.
Nicht zuletzt ist es für die grüne Wiese bei Mendig besser so. Naturschutz und ein so riesiges Festival sind nun einmal schwer miteinander zu vereinbaren.

Möge im Juni 2017 die Sonne über dem Nürburgring scheinen! Keine Gewitter, keine Verletzten, kein weiterer Knatsch.
k.demos@volksfreund.de
Hintergrund

Seit dem Jahr 1985 steigt das Festival Rock am Ring in der Eifel. Mit kurzer Pause wurde es fast drei Jahrzehnte am namensgebenden Nürburgring, der legendären Rennstrecke, ausgetragen.
2015 und 2016 rockten die Fans dann am nur rund 30 Kilometer entfernten Flugplatz Mendig. Der Name Rock am Ring blieb jedoch, rund 90 000 Menschen kamen zuletzt Anfang Juni dieses Jahres: Ausverkauft, meldeten die Veranstalter.
Das Zwillingsfestival Rock im Park geht seit Jahren zeitgleich in Nürnberg über die Bühne. Die Bands werden in der Regel für beide Festivals engagiert. dpa

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