So soll die Hygiene-Ampel blinken

Trier · Die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen prescht voran: Ab nächstem Jahr sollen Verbraucher sehen können, ob etwa ein Restaurant oder Imbiss bei der Lebensmittelkontrolle schon einmal negativ aufgefallen ist. Rheinland-Pfalz zögert noch mit der Einführung der Hygiene-Ampel. Warum eigentlich?

Trier. Reichen hygienische Mängel aus, um Verbraucher öffentlich vor dem Verzehr von Speisen eines Lebensmittelbetriebs oder dem Besuch einer Gaststätte zu warnen? Ein erster Anlauf, dies über eine Neuregelung im Lebensmittelschutzgesetz in die Tat umzusetzen, scheiterte vor vier Jahren kläglich. Vor dem Verwaltungsgericht handelte sich die Stadt Trier damals eine Niederlage in, weil sie die Namen zweier Betriebe mit Hygienemängeln im Internet veröffentlicht hatte.Erst freiwillig, dann Pflicht


Anderswo urteilten Gerichte ähnlich. Kaum war der Internetpranger für Schmuddelbetriebe eingeführt, war er auch schon wieder von der Bildfläche verschwunden. Der Grund: die unsichere Rechtslage.
Seitdem kam das Thema mit schöner Regelmäßigkeit immer mal wieder auf den Tisch der Politiker von Bund und Ländern - um kurze Zeit später abermals in der Schublade zu verschwinden. Mit Nordrhein-Westfalen unternimmt nun erstmals ein Bundesland einen neuen Anlauf. Das Kabinett der rot-grünen Landesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach Gastronomie- und Lebensmittelbetriebe die Ergebnisse der letzten amtlichen Lebensmittelkontrollen veröffentlichen müssen. Drei Jahre lang sollen die rund 150 000 betroffenen Betriebe dies freiwillig tun, danach wird die Veröffentlichung Pflicht.
"Wir haben in Deutschland eine Beanstandungsquote in der Gastronomie und bei Lebensmittelbetrieben, die seit Jahren verharrt", begründete der grüne NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel die Gesetzesinitiative. Kritik äußerte Remmel in diesem Zusammenhang auch an der Bundesregierung, die seit Jahren die Einführung einer bundesweiten Regelung blockiere - "trotz der Beschlüsse der Verbraucherschutzministerkonferenz".
Auf diese Beschlüsse verweist auch die rheinland-pfälzische Ernährungsministerin Ulrike Höfken. Die Bundesregierung verschleppe seit Jahren die Schaffung der nötigen gesetzlichen Grundlagen für eine bundesweit einheitliche Lösung, obwohl sie von den Ländern wiederholt dazu aufgefordert worden sei, sagte die Grünen-Politikerin unserer Zeitung.
In Berlin schiebt man den Schwarzen Peter an die Länder zurück. Solange sich diese nicht auf ein einheitliches Modell verständigten, könne der Bund den geforderten Rechtsrahmen für ein bundesweit einheitliches Kontrollbarometer auch nicht auf den Weg bringen, sagt Staatssekretär Peter Bleser. Der Cochemer CDU-Politiker ergänzt, dass Bundesländer, die Kontroll ergebnisse veröffentlichen wollten, dies auch heute schon tun könnten. Sie müssten nur zuvor die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen, so Bleser im Gespräch mit unserer Zeitung. Genau das wird bei der nordrhein-westfälischen Hygiene-Ampel die spannende Frage sein. Sind die gesetzlichen Grundlagen so formuliert, dass sie einer Überprüfung vor den Gerichten standhalten? Denn dass die Neuregelung angefochten werden wird, hält die Mainzer Verbraucherschützerin Waltraud Fesser für sicher.
Wenn das Gesetz vor Gericht Bestand habe, sei dies allerdings auch eine gute Vorlage für die übrigen Bundesländer, meint die Ernährungsexpertin der rheinland-pfälzischen Verbraucherzentrale.Meinung

Chaos à la Rauchverbot
Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, droht beim Thema Hygiene-Ampel ein ähnliches Chaos wie beim Rauchverbot in der Gastronomie oder dem Umgang mit Kampfhunden: Dann kocht jedes Bundesland irgendwann sein eigenes Süppchen, und der Bürger blickt kaum noch durch, was wo und wann gilt. Der Verweis auf den Bund oder wahlweise die Bundesländer als vermeintliche Blockierer kann niemand mehr hören. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, wie das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt. Es gibt aber auch andere Vorreiter. In und um Osnabrück etwa werden überdurchschnittlich gute Betriebe von der Lebensmittelüberwachung mit einem zwei Jahre gültigen Smiley ausgezeichnet. Für die Verbraucher ein zuverlässiges Indiz, dass er es sich in dem von ihm besuchten Restaurant schmecken lassen kann. Das erhöht den Druck auf jene Betriebe, die keinen Smiley haben. Vielleicht wäre das auch ein Projekt mit bundesweitem Vorbildcharakter. r.seydewitz@volksfreund.deExtra

So funktioniert die Hygiene-Ampel in NRW: Bei den amtlichen Kontrollen werden Risikopunkte vergeben. Je mehr Verstöße in einem Betrieb gefunden werden, desto mehr Punkte erhält er. Bis zu 36 Punkten ist alles im grünen Bereich. Zwischen 37 und 54 Punkten (gelb) wurden geringfügige Mängel gefunden. Rot bedeutet, es wurden mehrere schwerwiegende Mängel festgestellt. Bei gelb und rot kann der Betrieb eine zügige kostenpflichtige Nachkontrolle beantragen. sey

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort