Sicherheit Sollen Fußballvereine für Polizeieinsätze zahlen?

Trier/Mainz/Bremen · Die Frage, ob Länder Vereine zur Kasse bitten sollen, spaltet die Lager. Im Land kosteten Polizeieinsätze bei Fußballspielen in der abgelaufenen Saison rund vier Millionen Euro.

 Massive Polizeieinsätze bei Fußballspiele werden immer wieder erforderlich. Hier vor kurzem in der Bundesliga beim Spiel  Hamburger SV - FC St.Pauli im Volksparkstadion. Polizisten sichern die Ankunft der Fans des FC St.Pauli ab.

Massive Polizeieinsätze bei Fußballspiele werden immer wieder erforderlich. Hier vor kurzem in der Bundesliga beim Spiel Hamburger SV - FC St.Pauli im Volksparkstadion. Polizisten sichern die Ankunft der Fans des FC St.Pauli ab.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Sollen die Bundesländer reiche Fußballvereine zur Kasse bitten, weil Polizisten die Streithähne unter den Fans trennen müssen? Monate ist es her, dass der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) und der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer vor die Presse traten und einen Fonds vorschlugen, in den die Deutsche Fußballliga (DFL) einzahlen soll. Seitdem ist es ruhig geworden um eine Debatte, in der immer noch Feuer steckt.

Mit Spannung blicken Politiker, Polizisten, Fans und DFL auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Fußballliga hatte Revision eingelegt, nachdem das Bremer Oberverwaltungsgericht es als rechtens anerkannt hatte, dass die Stadt Bremen der DFL eine Rechnung von 425 000 Euro für Polizeieinsätze geschickt hat. „Die Idee hat nach wie vor Bestand“, heißt es zu dem Fondsvorschlag unverändert aus dem Mainzer Ministerium.

Doch die Innenministerkonferenz spricht in der Frage nach wie vor nicht mit einer Stimme. Das bayerische, CSU-geführte Innenministerium teilt auf Nachfrage des TV mit: „Kostenbescheide an die Vereine kommen nicht infrage.“ Fußballvereine seien für die geregelten Abläufe in den Stadien verantwortlich. Aufgabe des Staates bleibe es aber, für Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen. Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagt: „Uns geht es um Sicherheit, nicht ums Abkassieren.“ Eine Beteiligung der Vereine entlaste die Polizei nicht.

Letztere musste auch in Rheinland-Pfalz in der abgelaufenen Saison 2017/18 wieder allerhand Einsätze bewältigen, wie neue Zahlen zeigen, die das Innenministerium veröffentlicht hat. Die Kosten dafür lagen bei rund vier Millionen Euro. 70 043 Stunden waren 10 548 rheinland-pfälzische Polizisten von der Bundesliga bis zur Oberliga im Einsatz, elf Beamte wurden dabei verletzt. „Jeder Verletzte unter den Zuschauern und den eingesetzten Polizeikräften ist einer zu viel“, sagt Lewentz. Immerhin, so frohlockt er, sei die Zahl der Einsatzstunden im Vergleich zum Vorjahr um 17 093 gesunken. Was der Minister auf vorbeugende Maßnahmen der Polizei zurückführt – und auf rigoroses Vorgehen gegen Störer, das findet bei Gewerkschaften noch andere Erklärungen. Benno Langenberger, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, nennt unter anderem das schlechte Abschneiden des 1. FC Kaiserslautern, das zu Zuschauereinbußen geführt habe. Ernst Scharbach von der Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass Beamte anderswo dringender gebraucht wurden, wie bei Demonstrationen im pfälzischen Kandel. Geht es um die Frage, ob Profivereine sich an den Polizeieinsätzen beteiligen sollen, geht ein Riss durch die Gewerkschaften. Scharbach weist auf die Position des Bundesverbandes hin, der wiederum den Staat für die Sicherheit verantwortlich sieht. „Wir in Rheinland-Pfalz sagen: Bei den Millionen, die reiche Bundesligisten kassieren, tun ein paar Euro für die armen Polizei-Dienststellen nicht weh“, sagt Scharbach.

Auf Kritik stößt das Vorhaben wiederum bei Fans. Ein Ultra aus dem Trierer Raum sagt auf TV-Anfrage: „Ich sehe keinen Sinn darin, Vereine zur Kasse zur beten, um für Sicherheit zu sorgen. In den Stadien kümmern die sich schon um Einlass und Ordner.“ Sorge bereitet Kritikern auch ein Gesetz wie in Bremen, das Veranstalter zur Kasse bittet, wenn es sich um gewinnorientierte Events mit mehr als 5000 Teilnehmern und Gewaltpotenzial handelt. Das, so monieren Gegner in Rheinland-Pfalz, könne auch Weinfeste, Karneval oder ein Derby zwischen Eintracht Trier und dem 1. FC Saarbrücken im Amateurfußball betreffen.

 Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD).

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD).

Foto: dpa/Arne Dedert

„Für kleinere Vereine wäre das problematisch“, sagt der Trierer Ultra, der fürchtet, dass die Kosten auf die Eintrittskarten abgewälzt würden. Der Fan spricht sich eher dafür aus, weniger Beamte einzusetzen. „Wenn wir auf manchen Dorfplätzen stehen, kommt ein Polizist auf zwei Fans. Das ist völlig übertrieben.“

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