"Straßensteuer" beschlossene Sache

MAINZ. Kommunen können künftig ihre Straßenausbaukosten über alle Grundstückseigentümer abrechnen. SPD und CDU beschlossen im Landtag eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes – trotz verfassungsrechtlicher Bedenken der FDP.

Eine große Koalition von SPD und CDU hat sich zusammengetan, um nach vielen Klagen und jahrelangem Ärger das Umlegen von Ausbaukosten für Gemeindestraßen neu zu regeln. Weil Kommunen künftig per Satzung ihr gesamtes öffentliches Verkehrsnetz als eine Einrichtung ausweisen können, dürfen die Sanierungskosten in Form einer monatlichen Umlage auf alle Grundbesitzer verteilt werden. Landesweit jede vierte Gemeinde rechnet bisher nach diesem System der wiederkehrenden Ausbaubeiträge ab statt mit Einmalbeträgen für die jeweils direkten Anlieger. Vor drei Jahren wurde das Umlagesystem mit den im Regelfall auf 20 Jahre verteilten wiederkehrenden Beiträgen vom Oberverwaltungsgericht Koblenz gekippt, weil die Richter allzu großzügige Vorgaben für die Bildung von Abrechnungseinheiten bemängelt hatten. Dies kann nun nach Einschätzung von SPD und CDU umgangen werden, wenn die Gemeinde nicht mehr in mehrere Einheiten unterteilt wird, sondern die Ausbaukosten der einzelnen Straßen auf alle verteilt werden. Mit dem Systemwechsel kann nach Auffassung der beiden großen Fraktionen das Instrument der wiederkehrenden Beiträge endlich rechtssicher, durchschaubar und gerecht angelegt werden. Dem widersprechen jedoch die Liberalen heftig, die "massive verfassungsrechtliche Bedenken" hegen. Sie sehen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Anlieger an einem Ende des Ortes für den Straßenausbau am anderen Ende mitzahlen müssen. Eine solche Verteilung der Kosten auf alle Bürger sei zudem eine versteckte "Straßensteuer", über die nicht das Land zu entscheiden habe. Begrüßt wird die Neuregelung dagegen vom Gemeinde- und Städtebund und von Kommunen wie Saarburg, die Bauvorhaben wegen der unsicheren Rechtslage zurückstellen mussten. Da das neue Kommunalabgabengesetz jedoch nur für 2006 rückwirkend gilt, droht beispielsweise die Obermoselgemeinde Nittel für 2005 auf 260 000 Euro bislang nicht umgelegter Kosten sitzen zu bleiben.

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