Superminister stand nicht auf der Agenda

MAINZ. So überraschend wie die absolute SPD-Mehrheit bei der Landtagswahl kam für Hendrik Hering das Angebot, Mainzer Superminister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau zu werden. "Das war nicht auf meiner Agenda", sagt der Westerwälder. Doch nach einem halbstündigen Gespräch war er sich mit Regierungschef Kurt Beck einig.

Überraschungen hat Hendrik Hering schon öfter erlebt: Mit 25 Jahren wurde er 1989 als Zivildienstleistender nach dem ersten Jura-Examen zum landesweit jüngsten Stadtbürgermeister in seiner bis dato CDU-dominierten Heimatstadt Hachenburg gewählt. Keine einfachen Jahre waren das damals, wie der inzwischen zum Staatssekretär im Innenministerium avancierte Jurist einräumt. Aber die zwölf Jahre als Rathauschef waren für den jungen SPDler eine gute Lehre in Sachen Durchsetzungsvermögen und für den Umgang mit Menschen. Dass er kein Volkstribun ist, weiß der 42-jährige Vater zweier Kinder nur zu gut. Er ist zurückhaltend und vom Temperament her das Gegenteil seines noch amtierenden FDP-Vorgängers und Westerwälder Landsmannes Hans-Artur Bauckhage, den er am 18. Mai beerben wird. Doch Hering will sich selbst treu bleiben. "Ich spiele keine Rollen", sagt der Mann, der nun für die SPD beweisen soll, dass Mittelstandförderung oder Unterstützung für Handwerk, Landwirte und Existenzgründer bei ihr genauso gut aufgehoben sind wie bei den Liberalen. Die Bandbreite des Ressorts hat für in besonderen Reiz, um Initiativen zu entwickeln und Netzwerke zu konzipieren. Für ein erstes Aha-Erlebnis hat Hering bereits gesorgt, als er dem Superministerium attestierte, noch aus Zeiten von Rainer Brüderle "aufgebläht" zu sein. Die von Beck verkündete Abgabe von Kompetenzen an andere Ressorts sieht der neue Mann an der Spitze als sinnvolle Flurbereinigung. Der Verbraucherschutz wird im Umweltministerium gebündelt, die Aufsicht über die landeseigene Investitionsbank ISB wandert zum Finanzministerium, "damit der Kunde der Bank nicht gleichzeitig ihr Aufpasser ist". Auch den Wechsel der Förderung neuer Energien zum Umweltressort unter dem Gesichtspunkt Klimaschutz befürwortet der ehemalige Umwelt-Staatssekretär. Selbst das Abwandern des Technologiebereichs zum Wissenschaftsministerium findet Hering in Ordnung. Wissenschaft und Wirtschaft müssen ohnehin mehr kooperieren, lautet seine Devise. Daher sieht er die Konzentration der Forschung bei seinem Ministerkollegen Jürgen Zöllner und der späteren wirtschaftlichen Nutzung im eigenen Ressort als zukunftsweisend. Um die Bereiche Landwirtschaft und Weinbau will sich Hering vorrangig selber kümmern. Der Zugang zu beiden Feldern ist da, wie er nicht nur aus seiner Erfahrung als Kommunalpolitiker und Umwelt-Staatssekretär reklamiert: Der Großvater war Winzer an der Nahe und der Vater Agrar-Ingenieur. Ein Ende dürfte es bald im traditionellen Hin und Her zwischen Wirtschafts- und Innenministerium bei der Dorferneuerung geben, bleibt doch der Staatssekretärsposten im Innenministerium durch seinen Nachfolger und Schwager Roger Lewentz quasi in der Familie. Dass der SPD-Aufsteiger mit seiner überraschenden Berufung zum Superminister auch Spekulation um eine Kronprinzenrolle für eine Zeit nach der Ära Beck heraufbeschwört, sieht er "ganz gelassen". Er will sich auf seinen neun Job konzentrieren. Was später kommt "weiß niemand", sagt er betont unaufgeregt. Aber für Überraschungsmomente war Hering ja bereits mehrfach gut.

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