Theater erhalten, Intendant auswechseln

Trier · Theater, Theater - nun hebt sich in Trier der Vorhang zur neuen Spielzeit, und viele Fragen sind offen. Wir wollten von den Volksfreund-Lesern wissen: Was erwarten, was erhoffen Sie nach einem Jahr voller Querelen und Skandale? Wie bewerten Sie die Arbeit von Intendant Karl Sibelius? Braucht Trier überhaupt ein eigenes Theater? Die Meinungen gehen auseinander - aber so was von!

Kaum ein anderes Thema polarisiert die Kulturszene in der Region wie die Debatte um die Zukunft des Trierer Theaters. Ein unverzichtbares kulturelles Angebot, sagen 55 Prozent der Befragten*. 19 Prozent meinen: purer Luxus, den sich die Stadt nicht länger leisten kann, zwölf Prozent glauben, dass sich die Institution als solche überlebt hat, fünf Prozent verweisen auf das hochklassige Programm in Luxemburg, dem Rest ist's egal.
Der rheinland-pfälzische Steuerzahlerbund hat verlangt, das Trierer Theater sofort zu schließen, weil es viel zu teuer sei. Diese Forderung unterschreiben nur 29 Prozent der Befragten, 59 Prozent sind dagegen, zwölf Prozent unentschieden.

Äußerst zwiespältig ist die Wahrnehmung und Bewertung des Intendanten: Karl Sibelius hat einige Fans, aber noch mehr Kritiker.

Er sei ein "außergewöhnlicher bis genialer" Mensch, heißt es im Lager der Befürworter, "künstlerisch ein Gewinn" "ein begnadeter Schauspieler", "innovativ, kreativ, provokant", "mutig", "er wirbelt ganz schön Staub auf", "grandios", "sehr unterhaltsam", "bin total begeistert", "ausgezeichnet", "als Künstler großartig", "Note eins".

Die Sibelius-Gegner urteilen: "Note sechs", "als Manager eine Fehlbesetzung", "unfähig", "organisatorisch mangelhaft", "führungsschwach", "narzisstisch", "überheblich", "krawallig", "furchtbar", "hat jegliche Bodenhaftung verloren", "katastrophal", "als Intendant taugt er nichts", "ein aus der Zeit gefallener Selbstdarsteller", "wünsche mir, dass er schnellstens gekündigt wird".

Die einen verehren den Österreicher, die anderen würden ihn am liebsten davonjagen.

Nachgefragt: Ist Sibelius der richtige Mann für Trier? "Ja" sagen 16 Prozent, "nein" sagen 51 Prozent, "weiß nicht" sagen 33 Prozent. Da ist viel Überzeugungsarbeit zu leisten, Herr Intendant!

Und was soll mit dem maroden Theatergebäude passieren? Am Augustinerhof, dem jetzigen Standort, sanieren und erweitern, wünschen sich 49 Prozent der Befragten. Woanders neu bauen, sagen zwölf Prozent. 15 Prozent haben keine Meinung, und 24 Prozent sagen: "stilllegen", "plattmachen", "schließen", "abreißen", "entfernen".

Teil zwei der Umfrage: die Kulturberichterstattung im Volksfreund. 14 Prozent der Leser sind damit "sehr zufrieden", 64 Prozent "eher zufrieden". 18 Prozent finden die Mischung aus lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Themen "sehr gut", 67 Prozent "gut".

Ein Ausschnitt aus den - höchst unterschiedlichen - Einzelmeinungen: "erschreckende Ahnungslosigkeit der Reporter", "ehrlich, offen und kritisch", "es wird zu viel über Querelen berichtet", "der Kulturteil ist ein einziges Trauerspiel", "mehr aus der Region", "Umland kommt zu kurz", "über den Tellerrand hinausschauen", "mehr aus Deutschland, Europa und der Welt", "nicht immer unparteiisch", "sehr ausgewogen und neutral", "unsägliche Kampagne gegen das Theater Trier", "oft fehlt Fachkompetenz", "sehr unkritisch gegenüber dem Theater Trier", "zu negative Berichte über das Theater und seinen Intendanten", "zu subjektiv", "arg provinziell", "unerträgliches Intendanten-Bashing", "mehr Engagement fürs Theater", "Hetze gegen den Intendanten", "Stimmungsmache", "oberflächlich und undifferenziert", "optimal", "weniger Jubelperser" und ganz oft einfach: "weiter so".

Spannend für die Redaktion: Die beliebtesten Textsorten sind kurze, tagesaktuelle Nachrichten, gefolgt von Berichten über Theateraufführungen, Konzerte oder Ausstellungen, Porträts von Künstlern oder Musikern, Kommentaren und Glossen, Interviews mit Kulturschaffenden und klassischen Rezensionen, Musik- oder Kunstkritiken.
Die Themeninteressen: Theater (hier besonders: Musical, Schauspiel und Oper) vor Film/Kino, Lite-
ratur, Pop- und Rockmusik. Dann: klassische Musik, Kulturpolitik, Fernsehen, Jazz, Malerei, Bildhauerei.
Ebenfalls genannt: Blasmusik und Bodybuilding.

Die Leser haben Hunderte Anregungen gegeben und Wünsche geäußert (von "mehr Kultur" bis "weniger Kultur", von "alles gut" bis "besser recherchieren"), dazu einige teils sehr konkrete Vorschläge gemacht ("dass die Kultur wieder mehr verstanden wird als ,Pickel am Arsch der Welt' denn als pure Unterhaltung").
Die Redaktion wird all das bei ihrer Arbeit berücksichtigen. Versprochen! Peter Reinhart

*An der Online-Umfrage vom 13. bis 16. September haben sich 715 Volksfreund-Leser beteiligt. Davon gehen 21 Prozent regelmäßig ins Theater Trier, 24 Prozent manchmal, 28 Prozent selten und 27 Prozent nie.Mehr zum Thema

Hintergrund: Theaterbau ist laut Architekten stabil, aber marode und zu klein - Sanierung für Trier zu teuer
Kommentare Pro/Kontra: Braucht Trier ein Theater? seln
Hintergrund: Wie wäre es denn mit dem Luxemburger Modell?
Hintergrund: Städte fordern: Kultur soll Pflichtaufgabe sein

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort