TV-Duell: Julia Klöckner angriffslustig, Kurt Beck faktensicher

Mainz · Mit einem Glas Rotwein in gemütlicher Runde haben Kurt Beck (SPD) und seine Herausforderin Julia Klöckner (CDU) zufällig beim gleichen Italiener den Abend des Fernsehduells ausklingen lassen. Der Schlagabtausch zuvor war alles andere als gemütlich.

 Wahlkampfveranstaltung der CDU mit Julia Klöckner in der Europahalle. (Ve.)TV-Foto: Friedemann Vetter

Wahlkampfveranstaltung der CDU mit Julia Klöckner in der Europahalle. (Ve.)TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Wer hat gewonnen? Diese Frage beschäftigt direkt nach der einstündigen Debatte im SWR-Funkhaus, die 250 000 Zuschauer verfolgten, die politischen Berater. Doch so sehr diese sich beim ersten Fernsehduell in einem rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf um die Deutungshoheit bemühen - die überwiegende Meinung ist, dass es keinen Sieger gab.

Gestik/Mimik/Auftreten: Julia Klöckner präsentierte sich forsch angreifend. Anfangs ungewohnt nervös wirkend und gleich dem Moderator ins Wort fallend, setzte sie mit zunehmender Dauer Beck unter Druck. Vor allem der Vorwurf diverser Affären ließ Becks Miene erstarren. "Wenn sie etwas zur Chefsache machen, wird es für den Steuerzahler teuer", attackierte Klöckner. Dem zuvor staatsmännischen und faktensicheren Beck war der in ihm brodelnde Ärger anzusehen. Er reagierte teils herablassend.

Politische Inhalte: Klöckner überraschte mit der Forderung, aufgrund der "Zeitenwende" in Japan müssten die benannten sieben deutschen Atommeiler dauerhaft abgeschaltet werden. Beck konterte, dies sei ein unglaubwürdiger Kurswechsel. In der Bildungspolitik widerlegte er mit Zahlen Vorwürfe der CDU-Frau, das Land gebe zu viel Geld für Hausaufgabenhilfe aus. Zur Verschuldung zeigte er konkrete Wege auf - Klöckner blieb vage.

Reaktionen der Parteien: "Klöckner hat souverän gewonnen, wir sind sehr zufrieden", sagt CDU-Generalsekretär Josef Rosenbauer. "Beck hat klar auf Sachthemen gesetzt, das war gut", findet SPD-Generälin Heike Raab. Ihr Kollege Roger Lewentz meint, Klöckner habe "ihre letzte Chance verpasst, etwas umzubiegen". Sie habe als Angreiferin gewinnen müssen, das sei ihr nicht gelungen. Die Grünen beklagen eine "Skandalschlacht mit viel Getöse ohne inhaltlichen Schlagabtausch".

Der Eifeler Linken-Landesvorsitzende Wolfgang Ferner findet das Duell "enttäuschend, denn beide waren nicht in der Lage, eine Perspektive für unser Land anzudeuten". FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin resümiert, das unterhaltsame Duell habe "den unentschiedenen Wählern keine Hilfestellung gegeben".

So geht es weiter: Die Union ändert ihre Wahlkampfstrategie nicht. Sie will aber mit Positionspapieren ihren Kursschwenk in der Atompolitik erklären. Die SPD setzt voll auf die Atomkarte. 20 000 Flugblätter sind in Umlauf gebracht, schon zuvor gedruckte Plakate mit dem Slogan "Atomausstieg wählen" werden aus der Schublade gezogen.
Was bringt ein Fernsehduell den Zuschauern und Wählern? Uwe Jun: Es gewährt Einblicke in die Charaktere der Spitzenkandidaten und macht Unterschiede zwischen den beiden deutlich. Wir wissen allerdings aus der Forschung, dass solche Duelle relativ wenig Einfluss auf die Wahlentscheidung haben. Diese Sendungen haben nicht allzu hohe Quoten.
Wie haben sich Kurt Beck und Julia Klöckner präsentiert? Jun: Ich habe keine neuen Infos erhalten. Klöckner war durchgängig sehr angriffsfreudig, Beck wählte den Gestus eines Ministerpräsidenten. Er blieb immer sehr rational und ließ sich nie auf Klöckners emotionale Ebene ziehen. Beide waren gut vorbereitet und haben keine gravierenden Fehler gemacht. Das haben wir in anderen Bundesländern schon anders erlebt.
Gibt es aus Ihrer Sicht einen Sieger des Duells? Jun: Nein. Zwei unterschiedliche Strategien sind aufeinander geprallt. Klöckner ist trotz ihrer ständigen Attacken nicht vollständig durchgedrungen. Es ist ihr nicht gelungen, Beck aus der Reserve zu locken. Er blieb in seiner defensiven Position, kam seinerseits nicht in die Offensive. Mit Uwe Jun sprach unser Redakteur Frank Giarra.

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