Folgen für die Landespolitik Verfassungsschutz schaut auf die rheinland-pfälzische AfD

Die Behörde sammelt Material zu der Landespartei. Die fühlt sich wiederum „politisch geächtet“ - und weist Vorwürfe von verfassungsfeindlichen Tendenzen von sich.

Verfassungsschutz schaut auf die rheinland-pfälzische AfD
Foto: dpa/Daniel Karmann

Von Florian Schlecht

Roger Lewentz sagt, er fühle sich angespornt vom Verbotsverfahren gegen die NPD. „Wenn es verfassungsfeindliche Tendenzen gibt, dürfen wir nicht wegschauen“, sagt der rheinland-pfälzische Innenminister, wenn es darum geht, die AfD zu prüfen. Das gilt nicht nur im Bund, sondern auch in Rheinland-Pfalz, wo der Verfassungsschutz weitere offen zugängliche Informationen zur Partei sammeln und auswerten will, wie Leiter Elmar May am Montag in Mainz ankündigt. Das Material kann dabei Stellungnahmen, Einträge im Internet oder die Teilnahme an Demonstrationen umfassen.

Denn: 17-mal taucht Rheinland-Pfalz im Gutachten des Bundesverfassungsschutzes auf, das die AfD zu einem sogenannten Prüffall erklärt, erläutert May. Dabei gehe es um Äußerungen von AfD-Funktionären in sozialen Netzwerken, Auftreten bei Demonstrationen oder der Kontakt zu rechtsextremen Gruppen wie der Identitären Bewegung, der sich auch im Land „wie ein roter Faden“ durchziehe. Innenminister Lewentz sagt, das Land sei „kein Hotspot extremistischer Bewegungen“. Die Bewertung des Bundesverfassungsschutzes sehe er aber als „Auftrag, genauer hinzusehen“.

Bei der AfD stößt das Vorpreschen von Minister und Verfassungsschutz auf Kritik. Es sei unüblich, Erkenntnisse öffentlich zu machen, bevor diese gesichert seien, kritisiert AfD-Landeschef Uwe Junge. „Ein solches Vorgehen hat den Charakter einer Vorverurteilung und kommt einer politischen Ächtung gleich.“

Junge verteidigt zugleich die rheinland-pfälzische AfD. Beim Konzer Landtagsabgeordneten Jens Ahnemüller und Christiane Christen, denen die AfD Kontakte zum Ex-NPD-Landesvize Sascha Wagner vorwirft, habe die Partei Ausschlussverfahren eingeleitet. In anderen Fällen, die nicht „konform“ mit der AfD seien, schöpfe die Partei ebenfalls ihre „Sanktionsmöglichkeiten“ aus, sagt Junge. Es handele sich dabei „um eine Handvoll von bald 2500 Mitgliedern“. Junge beteuert: „Leute, die sich in einem verfassungskritischen Spektrum bewegen, haben in unserer Partei nichts verloren.“

Gegner der AfD zweifeln die Aussagen an und verweisen auch auf die „Junge Alternative“. Der Bundesverfassungsschutz stuft den Jugendverband als Verdachtsfall mit hinreichenden „Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ ein. JA-Bundeschef Damian Lohr sitzt zugleich als Abgeordneter im rheinland-pfälzischen Landtag. Der 25-Jährige stand schon in der Kritik, weil er auf einer Demo in Kandel im Dunstkreis der Identitären Bewegung (IB) lief, wie Videoaufzeichnungen zeigten. JA-Landeschef Alexander Jungbluth sorgte jüngst für Aufregung, als er der „Rhein-Zeitung“ sagte: „Ich habe einen alten Bekannten, der sich bei der IB engagiert. Soll ich ihm – wenn ich ihn auf der Straße treffe – nicht mehr die Hand geben?”

Lohr entgegnet darauf im Gespräch mit dem TV: „Wenn das das Einzige ist, was der Verfassungsschutz hat ... Ich wüsste nicht, was an uns verfassungsfeindlich sein sollte. Zwischen der Jungen Alternative und der Identitären Bewegung gibt es absolut keine Verflechtung und keine Kooperation“, sagt er.

Lohr verteidigt zugleich, als JA-Bundeschef einen ganzen Landesverband in Niedersachsen abgegliedert zu haben, der vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Der einstige niedersächsische JA-Landeschef Lars Steinke war abgesetzt worden, nachdem er Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Verräter“ beleidigt hatte.

Dem rheinland-pfälzischen Innenminister und SPD-Landeschef unterstellt Lohr andere Vorbehalte gegen die AfD: „Herr Lewentz würde uns gerne aus politischer Motivation beobachten“, glaubt Lohr. Der Innenminister entgegnet zum grundsätzlichen AfD-Vorwurf, das Gutachten des Verfassungsschutzes sei auf politischen Druck entstanden: „Das ist in einem Rechtsstaat – gelinde gesagt – absurd.“ Lewentz wirft der AfD „Geschichtsvergessenheit“ vor.

Die Prüfung gleiche nun „eher einem Marathon als einem Sprint“, kündigt der SPD-Mann an. Genauso sieht es Elmar May. 1000 Seiten umfasse die seit Frühjahr 2018 erfasste, bundesweite Sammlung über die AfD, 436 Seiten füllten das Gutachten des Verfassungsschutzes. „Die Summe verdeutlicht: Wir müssen den Prozess fortführen, um zu sehen, wohin das geht“, sagt der Leiter des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes.

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