Vom Behördenleiter zum Windkraft-Lobbyisten

Trier · Kaum im Ruhestand, hat der ehemalige Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), Josef Peter Mertes, schon einen neuen Job: Er ist freiberuflicher Repräsentant einer großen Windenergiefirma.

Trier. Bürgermeister und Landräte hat er bereits zu seiner Zeit als Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) empfangen. Wenn diese bei Josef Peter Mertes im Kurfürstlichen Palais antreten mussten, dann ging es meist um die Genehmigung der defizitären Haushalte der Kommunen. Seit 1. Oktober ist Mertes im Ruhestand. Bürgermeister empfängt er aber immer noch. Jetzt sind es vorwiegend Verbandsbürgermeister. Und bei den Gesprächen mit den Kommunalpolitikern geht es auch nicht darum, wie diese Geld sparen müssen. Im Gegenteil. Mertes will den Bürgermeistern etwas anbieten, nämlich Windräder. Der 65-Jährige ist seit Ende des Jahres freiberuflicher Berater und Projektentwickler bei der Wörrstadter Juwi AG, die vor allem Windparks baut. Er berate und unterstütze das Unternehmen als regionaler Repräsentant für Rheinland-Pfalz, bestätigt Juwi-Sprecher Michael Löhr. Seine Aufgabe sei es, "eine Brücke zwischen Politik und Wirtschaft herzustellen". Mertes ist freiberuflich tätig und wird auf Honorarbasis bezahlt. Man habe in fast allen Bundesländern solche Repräsentanten, sagt Löhr. Nicht überall aber solche "herausragenden" und bekannten wie mit Mertes in Rheinland-Pfalz. "Die sind auf mich zugekommen, als ich im Ruhestand war", betont Mertes.
Der ehemalige Behördenleiter und SPD-Landtagsabgeordnete als Außendienstler, der mit Musterkoffer über Land reist und Windräder verkauft? Nein, es gehe nicht darum, den Verbandsbürgermeistern irgendetwas zu verkaufen oder Verträge mit ihnen abzuschließen, sagt Mertes, der gelernter Industriekaufmann ist. Vielmehr berate er sie, wie sie davon profitieren, wenn sie Windräder in ihrer Kommune aufstellen. Zumeist kämen die Bürgermeister auf Juwi zu, sagt Unternehmenssprecher Löhr.
"Eine tolle Firma", lobt Mertes seinen neuen Arbeitgeber. Auch bei der Landesregierung genießt Juwi ein gutes Ansehen. Von einem Vorzeigeunternehmen für Rheinland-Pfalz, Deutschland und international sprachen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und seine grüne Wirtschaftsministerin Eveline Lemke im September anlässlich des 15-jährigen Bestehens von Juwi. Das Unternehmen sei "ein wichtiger Partner der Landesregierung", sagten Beck und Lemke damals.
Einigen Windkraftanlagen-Bauern geht diese Partnerschaft aber schon zu weit. Sie sprechen davon, dass Mitarbeiter von Juwi im von Lemke geführten Energieministerium ein und aus gingen. Im Ministerium verneint man eine "ungebührliche Nähe" und Verbindung zu dem Unternehmen.
Dass Mertes nun für das Unternehmen tätig sei, habe "zumindest ein G\'schmäckle", findet Reinhold Wahler, Landesvorsitzender des Verbandes Windenergie. Aber beanstandenswert findet er es nicht. Schließlich sei Mertes ja außer Dienst. Die ADD sei auch gar nicht für die Genehmigung von Windrädern zuständig gewesen, betont Mertes. Darauf verweist auch Juwi-Sprecher Löhr: "Obwohl die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion keine Aufgaben im Bereich der erneuerbaren Energie oder deren Genehmigung wahrnimmt, war Juwi - als Unternehmen in Rheinland-Pfalz - Herrn Mertes natürlich bekannt." Die von der Landesregierung gewünschte weitere Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien sei ihm "ein besonderes Anliegen, weshalb die Zusammenarbeit mit der Politik und die Beratung in aktuellen politischen Fragen sehr gut gelinge."
Für Mertes ist die Tätigkeit für das Unternehmen nur eine von vielen. Er habe verschiedene Projekte im Köcher. Unter anderem will er eine Art Eventmanager werden und etwa für Firmen touristische Führungen an der Mosel zu bekannten Weingütern oder römischen Bauten anbieten. "Vielleicht lade ich ja mal den Wulff ein", meint er verschmitzt und spielt damit auf die Affäre um den Bundespräsidenten an.Extra

Die Firma Juwi wurde 1996 gegründet. Zum Geschäftsfeld gehören neben der Entwicklung von Windparks alle Formen der erneuerbaren Energien. Das Unternehmen betreibt unter anderem die Energielandschaft Morbach. Juwi plant weitere Windparks in der Eifel und im Hunsrück. Hauptsitz ist das rheinhessische Wörrstadt, außerdem hat Juwi Standorte in Süd- und Osteuropa, in den USA, in Indien und in Südafrika. Juwi beschäftigt 1400 Mitarbeiter, der Jahresumsatz betrug 2010 rund 800 Millionen Euro. wie

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