Wein-Offensive im Guinness-Reich

DUBLIN. Die Passanten und Autofahrer staunten nicht schlecht, ertrugen das seltsame Treiben aber mit irischer Gelassenheit: Mitten auf der Kreuzung vor dem berühmten Temple-Bar-Pub posierten drei Rheinland-Pfälzer mit einem Fußball und einer Flasche Riesling für Pressefotografen. Zweck der Übung: Rheinland-Pfalz will sich auf der Grünen Insel als Wein- und Urlaubsland profilieren.

Zu dumm, dass die Iren im vergangenen Oktober ihren Traum von der Teilnahme an der Fußball-WM in Deutschland begraben und den Gruppengegnern Frankreich und der Schweiz den Vortritt lassen mussten. Andernfalls wäre der Jubel auch in der rheinland-pfälzischen Tourismus-Branche groß gewesen. Denn nie waren die Flugwege von und zur Grünen Insel kürzer. Eineinhalb Flugstunden bis zum Hahn

Die Preiswert-Linie Ryanair verbindet den Flughafen Hahn direkt mit Dublin, Kerry und Shannon. Und die Iren entdecken zunehmend ihr Herz für Riesling, Römer und Ritterburgen: Im vergangenen Jahr fanden rund 5500 von ihnen den Weg nach Rheinland-Pfalz und buchten durchschnittlich zwei Übernachtungen je Person. Tendenz stark steigend, angesichts von vier Millionen Iren gibt es aber noch reichlich Potenzial. Deshalb rühren das Mainzer Wirtschaftsministerium und die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH (RPT) seit 2005 kräftig die Werbetrommel im Nordwesten der Euro-Union. Im Vorfeld der größten irischen Reisemesse "Holiday World" (26. bis 29. Januar in Dublin), auf der sich Rheinland-Pfalz erstmals präsentiert, leisteten die Ober-Touristiker des Landes schon einmal Überzeugungsarbeit. "Die attraktiven Urlaubsregionen von Rheinland-Pfalz liegen nur eineinhalb Flugstunden entfernt und damit direkt vor der Haustür", betonte Wirtschafts-Staatssekretär Walter Strutz bei einer in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer organisierten Pressekonferenz in Dublin. Vor rund 30 Journalisten und Verlagsvertretern zeigte sich auch RPT-Geschäftsführer Achim Schloemer überzeugt vom Erfolg der rheinland-pfälzischen "Offensive" in Irland, die bis 2007 mit Medienkampagnen und Vor-Ort-Präsentationen einhergeht. Die Deutsche Weinkönigin Sylvia Benzinger widerlegte in Dublin das gern gehegte Vorurteil, die primäre Aufgabe von ihresgleichen bestehe in der optischen Aufwertung von Politiker-Auftritten. Die 27-Jährige aus Kirchheim/Pfalz stand den Pressevertretern in fließendem Englisch Rede und Antwort und erwies sich als souveräne und sympathische Botschafterin ihres Heimat-Bundeslands.440 000 Euro für gutes Image

Wein, Weib und WM-Teilnahme - darauf müssen die Iren noch warten. Dennoch machten die Passanten gute Miene zum aus ihrer Sicht etwas seltsam anmutenden Fotoshooting mit deutschen Funktionären samt Riesling und rundem Leder mitten auf der Kreuzung vor dem Guinness-Tempel "Temple Bar". Auch Strutz konnte diesem "Schnapsidee"-Motiv mitgereister rheinland-pfälzischer Pressevertreter Positives abgewinnen: "Das passt doch zur Weltoffenheit und zur Vielfalt unseres Landes." Diese positiven Eigenschaften zu bewerben, lassen sich Mainz und die RPT einiges kosten: Insgesamt rund 440 000 Euro investieren sie in das insgesamt dreijährige intensive "Beackern" der touristischen Wachstums- und Weinabsatzmärkte Irland, Großbritannien und Schweden.

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