Wie Verwaltungen den Ansturm der Flüchtlinge bewältigen

Trier · In vielen Behörden des Landes und der Kommunen arbeiten Mitarbeiter wegen zusätzlicher Aufgaben durch den Zuzug von Flüchtlingen an der Belastungsgrenze und darüber hinaus. Die Gewerkschaften fordern mehr Personal. Doch um dieses Personal konkurrieren gleich mehrere Stellen.

 Mit der Registrierung der Asylbewerber ist es nicht getan: Vom Sprachkurs bis zur Jobvermittlung bedeutet die Flüchtlingsarbeit zusätzlichen Aufwand für die Verwaltungen. Archiv-Foto: dpa

Mit der Registrierung der Asylbewerber ist es nicht getan: Vom Sprachkurs bis zur Jobvermittlung bedeutet die Flüchtlingsarbeit zusätzlichen Aufwand für die Verwaltungen. Archiv-Foto: dpa

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Trier. 5400 Stellen müsse das Land abbauen. So lautete vor zwei Jahren die Empfehlung des Landesrechnungshofs. Und das, obwohl die seit 2011 regierende rot-grüne Landesregierung zu der Zeit bereits den Rotstift beim Personal angesetzt hatte. 2012 wurde ein Stellenabbau bei Polizei, Lehrern und auch bei den Mittelbehörden wie der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier angekündigt, um zu sparen und die Schulden abzubauen. Heute fehlt das Personal. Zum Beispiel bei der Polizei, wo Gewerkschafter bis zu 1000 neue Stellen fordern (der TV berichtete). Oder auch in Schulen.Gefragte Pensionäre


Grund für den Personalmangel sind in vielen Bereichen die zusätzlichen Aufgaben, die durch die Flüchtlingshilfe hinzukommen. Wie groß der Personalbedarf sei, zeige sich auch daran, dass das Land händeringend nach Pensionären suche - als ehrenamtliche Helfer in Sprachkursen oder gegen befristete Arbeitsverträge zur Mithilfe in der Verwaltung, sagt Malte Hestermann, Landesgeschäftsführer des Deutschen Beamtenbundes (DBB).
Auch die Kommunen und der Bund suchen zusätzliches Personal. Allein bei der Bundespolizei und beim für die Asylverfahren zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sollen in diesem Jahr mehr als 5500 neue Stellen geschaffen werden. Auch bei der Arbeitsagentur sollen zusätzlich über 3000 Mitarbeiter eingestellt werden - hauptsächlich, um anerkannte Flüchtlinge in den Job zu bringen. All das vor dem Hintergrund, dass der Bund seinen Personalstand von 2000 bis 2014 um 100 000 reduziert hat.
Auch die Kreisverwaltungen in Rheinland-Pfalz durften in den vergangenen Jahren nur in Ausnahmefällen zusätzliches Personal einstellen. Die bei der ADD angesiedelte Kommunalaufsicht hatte den Daumen drauf. Bereits im September vorigen Jahres hat daher der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU) angesichts der zunehmenden Flüchtlingszahlen in den Kommunen das Land aufgefordert, den Städten und Kreisen mehr Spielraum bei der Einstellung zusätzlichen Personals einzuräumen. Schartz sagte damals, gut ausgebildete Mitarbeiter für die Flüchtlingsarbeit ließen sich nur mit unbefristeten Verträgen locken. Es müsse daher den Kommunen erleichtert werden, dauerhaft neue Mitarbeiter einzustellen.Gelockerte Vorgaben


Das Land hat mittlerweile die Vorgaben entsprechend gelockert. Die Kommunalaufsicht interveniert längst nicht mehr bei Neueinstellungen. Vor allem in den Sozial- und Jugendämtern ist bei den Kreisen und Städten in den vergangenen Monaten zusätzliches Personal eingestellt worden.
Sozialarbeiter seien derzeit für die Flüchtlingsarbeit sehr gefragt, sagt Volker Euskirchen, Gewerkschaftssekretär bei Verdi. In vielen Verwaltungen werde bereits jetzt vorhandenes Personal etwa aus den Jugendämtern für die Flüchtlingsarbeit eingesetzt - mit der Folge, dass die verbleibenden Mitarbeiter deren Arbeit mit erledigen müssten. Mit eigenem Personal seien die zusätzlichen Aufgaben in den Kommunalverwaltungen nicht mehr zu stemmen. Pro Kreisverwaltung, so schätzt Euskirchen, fehlen derzeit 25 Mitarbeiter, auf 1000 schätzt er den Bedarf für alle Kreisverwaltungen im Land.
Gerade in den Kommunalverwaltungen scheine es derzeit personell ziemlich zu brennen, sagt DBB-Landesgeschäftsführer Hestermann. Es werde aber immer schwieriger, entsprechenden Nachwuchs zu gewinnen. Laut ADD ist die Lage der Bewerber gar nicht so schlecht.Gute Lage für Bewerber


Für die über 180 neuen Stellen, die die Behörde seit dem vergangenen Jahr im Bereich der Flüchtlingsarbeit geschaffen habe, habe es insgesamt 1628 Bewerber gegeben, sagt ADD-Sprecher Nikolai Zaplatynski. Die Zahl der Bewerber sei abhängig vom Ort, an dem die neuen Stellen geschaffen würden. In und um Trier sowie Birkenfeld und Kusel sei die Bewerberlage "sehr gut". Im Westerwald, in Diez und in Speyer etwas schlechter.Extra

Um die zusätzlichen Aufgaben durch den Zuzug von Asylbewerbern zu bewältigen, sei es nötig, dass Kommunen, Länder und Bund ihr Personal umschichteten und vorübergehend für Flüchtlinge einsetzten, sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Selbst ein vorübergehendes Aufweichen von Qualitätsstandards sei dafür in Kauf zu nehmen, meint der Minister. Das sei besser, als das vorhandene Personal weiter im Krisenmodus zu be- oder überlasten, bis Nachwuchs fertig ausgebildet sei. dpa

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