Energie Nicht vorschnell die Heizung austauschen!

Trier · Von 2024 an sollen laut der Bundesregierung neue Heizungen mit 65 Prozent erneuerbaren Energien wie Wärmepumpen, Biomasseheizungen oder Fernwärme betrieben werden. Doch viele Menschen sind verunsichert. Die Verbraucherzentrale warnt Hausbesitzer vor voreiligen Schlüssen. Und was sie rät und was die Installateurbranche zu den Plänen sagt.

Wärmepumpen sind derzeit gefragt. Immerhin will die Bundesregierung die neuen Geräte bald stärker vorschreiben. Doch eine Heizung sollte man nicht vorschnell tauschen, raten Experten.

Wärmepumpen sind derzeit gefragt. Immerhin will die Bundesregierung die neuen Geräte bald stärker vorschreiben. Doch eine Heizung sollte man nicht vorschnell tauschen, raten Experten.

Foto: dpa/Silas Stein

Warum soll ich meine Heizung tauschen, wenn sie doch gut funktioniert? Ab wann gibt es welche Pflicht und welche Technik gilt? Was ist wirtschaftlich? Was ist ,wenn ich nicht rechtzeitig einen 1:1-Tausch vornehme, aber den Auftrag noch 2023 erteilt habe? Täglich erreichen Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter Energie und Bauen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zwischen fünf und zehn solcher Anfragen per Telefon oder Mail. Viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer seien verunsichert und wollten nun noch schnell ihre Heizung austauschen. „Wenn kein akuter Handlungsbedarf besteht, sollte man die endgültige Fassung des Gebäudeenergiegesetzes abwarten“, sagt er.

Der Grund für die Aufregung: Nach derzeitigem Stand plant die Bundesregierung, ab dem kommenden Jahr 2024 eine Pflicht, wonach neue Heizungen mit 65 Prozent erneuerbaren Energien wie Wärmepumpen, Biomasseheizungen oder Fernwärme betrieben werden sollen.

Doch laut Weinreuter gebe es je nach Alter der Heizung verschiedene Optionen, so dass er vor einer übereilten Entscheidung warnt und rät „in jedem Fall“ dazu, die Fördermöglichkeiten zu prüfen, eine Energieberatung zu nutzen und einen individuellen Sanierungsfahrplan zu erstellen.

Die Heizungsbaubranche ist wenig begeistert. „Anstatt einen Kunden nach seinem Wunsch zu beraten, müssen wir die Vorgaben des Gesetzgebers zurechtrücken“, kritisiert Matthias Baro, Mitglied im Vorstand der Trier-Saarburger Innung Sanitär-Heizung-Klima (SHK) und auch Fachgruppenleiter Heizung + Sanitär im Verband Rheinland-Rheinhessen. Nach mehreren Veränderungen in der Förder-  und Gesetzeskulisse seien sowohl die Bevölkerung als auch die Branche „komplett verwirrt“. Manche Anträge aus der Förderphase 2022 würden nun nach Monaten erst vom Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) genehmigt. „Wir können einfach nicht mehr planen. So ist etwa eine Technik, die zu einer großen CO2-Reduzierung führt, zu der ich vor zwei Jahren noch dringend beraten habe, auf einmal nichts mehr wert“, sagt Baro. Stattdessen solle nun gelten, Wärmepumpen einzubauen ohne andere energetische Maßnahmen miteinzubeziehen. Zudem komme, dass Wärmepumpen mit Strom funktionierten: „So viel Strom ist gar nicht da“, mutmaßt er und plädiert für Technikoffenheit.

Doch gerade die energetische Sanierung sei laut Baro besonders wichtig im Bestand: die Energiebewertung des Gebäudes, der Ausblick auf Energiekosten, aber vor allem die Lebensplanung des Bauherren – „Das vervierfacht die Beratungszeit und das kann ich in den Kosten gar nicht einfangen“, sagt der Diplom-Ingenieur. Zumal viele Gebäude für eine neue Technik gar nicht geeignet seien. Insofern sei jeder Einbau von Wärmepumpen sehr komplex und individuell.

Ob dafür denn genug Experten, sprich Heizungsinstallateure, mit Know-How vorhanden sind? „Ich sehe darin durchaus ein Problem, bewerte es aber nicht pauschal als negativ“, sagt Baro. Zwar gebe es inzwischen zahlenmäßig mehr Installationsbetriebe für Heiztechnik. Die bestünden aber zum großen Teil aus Ein- bis Drei-Mann-Betrieben. Dort seien Fortbildung und Schulung oft nur schwer möglich. Deshalb gebe es auch nur wenige sogenannte „Zebra-Betriebe“, die gleichzeitig SHK-Handwerk und Elektrotechnik anbieten könnten, was definitiv notwendig für den Einbau von Wärmepumpen sei. „Allerdings gibt es ja auch noch die normalen SHK-Aufträge wie ein leckendes Rohr, die auch gut und richtig behandelt werden müssen. Von daher ist es gut, wenn sich Betriebe spezialisieren.“

Für Verbraucherschützer Hans Weinreuter ist der Fachkräftemangel allerdings „eine der größten Hürden für die Umsetzung“ der gesetzlichen Vorgaben. „Daher vermute ich, dass es längere Übergangsfristen geben wird“, sagt er.

Und was ist mit der Verfügbarkeit der Geräte? SHK-Fachmann Matthias Baro bestätigt durchaus Lieferprobleme: „Es gibt diese bei einzelnen Größen, aber nicht flächendeckend und bei allen Herstellern“, weiß er. So kann er von Lieferzeiten von bis zu zwölf Monaten, aber auch von nur wenigen Tagen berichten.

Doch was ist mit meiner bestehenden Heizung? Taugt die noch was oder sollte ich die nun austauschen lassen? Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät den Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei in drei möglichen Varianten:

Die Heizung ist jünger als zehn Jahre alt:

„In diesem Fall bleibt genügend Zeit, in Ruhe ein langfristig tragbares Gesamtkonzept für das Gebäude zu entwickeln und nicht nur die Heizung zu betrachten“, sagt Hans Weinreuter. Denn auch Faktoren wie Außenbauteile, Rahmenbedingungen für alternative Energieträger, finanzielle Möglichkeiten und Fördermittel sollten dabei einbezogen werden. Danach könnten Maßnahmen Schritt für Schritt geplant und umgesetzt werden.

Die Heizungsanlage ist älter als zehn Jahre alt:

Bei dieser Konstellation kann es laut Weinreuter sinnvoll sein, sich zunächst der Heizungsanlage zu widmen. „Ist ein Nah- oder Fernwärmeanschluss nicht möglich, gilt es zu prüfen, ob zur vorhandenen Heizung eine etwas kleiner dimensionierte und damit kostengünstigere Wärmepumpe eingebaut werden kann“, rät er. „Beide Anlagen fahren dann nach dem Hybridprinzip. Die Wärmepumpe liefert die Wärme während des größten Teils der Heizperiode. Nur an den kältesten Tagen im Winter wird die alte Verbrenner-Heizung zugeschaltet, um den Spitzenlastbedarf zu decken.“

Gleichzeitig werde ein Konzept zur kurz- oder mittelfristigen Modernisierung der Gebäudehülle durch Dämmung und bessere Fenster  erstellt. Seien diese dann mittelfristig umgesetzt, reiche die Wärmepumpe als alleinige Heizung aus und die alte Heizung könne stillgelegt werden.

Die Heizung ist 20 Jahre alt oder älter:

„Dann ist der Handlungsbedarf absehbar“, weiß der Energie-Experte. Hier sollten Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen die möglichen Heizungsalternativen wie Wärmepunmpe, Nah- oder Fernwärmeanschluss oder Pelletheizung möglichst bald mit Hilfe eines Energieberaters oder einer Energieberaterin prüfen. Danach gelte es mehrere Angebote einzuholen und ein Heizungsfirma zu beauftragen, die Erfahrungen mit dem Einbau von Wärmepumpen hat.

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