Gesundheit Sars-CoV-2 in der Region: So kontrolliert das Trierer Gesundheitsamt die Infektionsketten

Trier · Die Zahl der Sars-CoV-2-Neuinfektionen in der Region liegt weiter unter der von Bund und Ländern vereinbarten Grenze. Künftig kommt den Gesundheitsämtern dabei eine wichtige Rolle zu.

Hier laufen in den kommenden Tagen und Wochen die Fäden zusammen: Das Gesundheitsamt Trier/Trier-Saarburg.

Hier laufen in den kommenden Tagen und Wochen die Fäden zusammen: Das Gesundheitsamt Trier/Trier-Saarburg.

Foto: Roland Morgen

Vor der Notbremse, auf die sich am Mittwoch Bund und Länder bei den Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen geeinigt haben, muss man sich in der Region Trier derzeit nicht fürchten. Von den im Beschluss festgelegten maximal 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner, bei denen dann örtlich oder regional begrenzt wieder bestimmte Lockerungen zurückgenommen werden müssten, ist man in den vier Landkreisen und der Stadt Trier weit entfernt. Laut dem für die Gesundheitsüberwachung zuständigen Robert Koch-Institut (RKI) lag die Zahl in Trier gestern bei 0,9 pro 100 000 Einwohner, in Trier-Saarburg waren es 4,7 Fälle, im Eifelkreis 5,1, in der Vulkaneifel 8,3 und in Bernkastel-Wittlich 8.

Man habe nun eine „gewisse Normalität in der Krise“ erreicht, sagt die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Aber: „Die Epidemie ist noch nicht vorüber“, sagte sie nach einem Besuch des Trierer Gesundheitsamtes. Dass man in Deutschland und auch in Rheinland-Pfalz das Infektionsgeschehen weitgehend im Griff habe, sei den drastischen Maßnahmen und der Disziplin der Bevölkerung zu verdanken. Es könne aber durchaus sei, dass mit weiteren Lockerungen die Zahl der Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 wieder steigen werde, sagte die Ministerin. Um die Situation weiter im Griff zu behalten, sei es notwendig, frühzeitig zu erkennen, ob es vermehrt zu Ansteckungen kommt und man deutlich unter der als Notbremse festgelegten Zahl von 50 Fällen pro 100 000 Einwohner in einer Woche bleibe. Voraussetzung dafür sei die Nachverfolgung von Kontaktpersonen von Infizierten. Wenn nachvollzogen werden kann, mit wem Personen, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, in den vergangenen zwei Wochen Kontakt hatten, und dann diejenigen auch getestet und isoliert würden, könne man die sogenannten Infektionsketten rechtzeitig unterbrechen und eine rasche Ausbreitung von Sars-CoV-2 möglicherweise unterbinden. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte gestern bei einem Besuch im Saarland, dass es gelingen müsse, schnell Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen.

Für diese Aufgabe seien die örtlichen Gesundheitsämter zuständig, betonte Bätzing-Lichtenthäler. Um sich davon zu überzeugen, besucht die Ministerin derzeit die Ämter im Land und verspricht ihnen personelle Unterstützung. Für die Nachverfolgung von Kontaktpersonen stünden den Gesundheitsämtern im Land 300 ehrenamtliche Freiwillige und 700 Landesbedienstete zur Verfügung, die diese nach Bedarf einsetzen könnten. Der persönliche Kontakt zu den Infizierten und den Kontaktpersonen sei wichtig, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Es gehe dabei nicht nur um Kontrolle der Quarantäne, sondern auch um Motivation und um „psychosozialen“ Kontakt. Eine App, mit der die Nachverfolgung von Kontaktpersonen per Smartphone möglich sein soll, sei zwar hilfreich, ersetze aber nicht das persönliche Gespräch, betonte die Ministerin.

Dieser Ansicht ist auch der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU). Mancher Mitarbeiter des Gesundheitsamt, der in Kontakt mit Infizierten stehe, sei in diesen Tagen auch eine Art Sozialarbeiter.

Auch Schartz, der zudem Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landkreistages ist, ist überzeugt, dass es zu Neuinfektionen kommen wird. „Dann müssen wir schnell reagieren“, so der Landrat. Daher sei er froh, dass die Verantwortung nun wieder, wie zu Beginn der Corona-Krise, bei den Kommunen, genauer bei den örtlichen Gesundheitsämtern liege.

Viola Priesemann, Leiterin der Forschungsgruppe Theorie neuronaler Systeme am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen begrüßte es zwar, den Regionen Verantwortung zu geben. Das könne aber nur funktionieren, wenn die Mobilität zwischen den Regionen gering bleibe. Dafür müssten sie die Kontrolle darüber haben, ob das Virus eingeschleppt wird, sagte Priesemann. Ansonsten bekomme ein Landkreis, der sich viel Mühe gebe, mitunter die Folgen zu spüren, wenn im Nachbar-Landkreis die Infektionen hoch bleiben. Rafael Mikolajczyk, Epidemiologe und Institutsdirektor der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg hält nichts davon, Werte wie die 50 Neuinfizierten je 100 000 Einwohner binnen einer Woche von vorneherein festzuschreiben. „Vielmehr geht es darum, dass möglichst alle Fälle und deren Kontakte in einer Region durch die Gesundheitsämter identifiziert und isoliert werden können“, sagte er. Das hänge von den lokalen Kapazitäten ab. „Die Regelung schafft immerhin einen gewissen Anspruch, die lokalen Gesundheitsämter in die Lage zu versetzen, auf lokale Ausbrüche schnell und wirksam reagieren zu können“, sagte der Leiter der Abteilung Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, Gerard Krause. Das müsse in der aktuellen und auch der zu erwartenden Situation unbedingt gegeben sein. Wie man genau auf die genannte Schwelle gekommen sei, wisse er aber nicht. (mit dpa)

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