Verkehr Stutzt Ryanair dem Hahn die Flügel?

Hahn/Mainz · Ein Rückzug des Billigfliegers wäre für den oft krisengeplagten Airport eine der größten Herausforderungen der Geschichte, sagt der Flughafen-Manager. Auch dem Steuerzahler drohen hohe Verluste.

 Hebt Ryanair künftig nicht mehr vom Hahn ab? Europas größte Billigairline will die Basis am Hahn aufgrund von Streitigkeiten mit der Pilotengewerkschaft Cockpit über Gehaltskürzungen zum 1. November schließen.

Hebt Ryanair künftig nicht mehr vom Hahn ab? Europas größte Billigairline will die Basis am Hahn aufgrund von Streitigkeiten mit der Pilotengewerkschaft Cockpit über Gehaltskürzungen zum 1. November schließen.

Foto: dpa/Thomas Frey

Schocknachrichten gehören zum Flughafen Hahn wie die Start- und Landebahn. Nun will die irische Fluggesellschaft Ryanair ihre Basis im Hunsrück aufgeben. Das klingt dramatisch, ist aber in seinen Auswirkungen schwierig einzuschätzen. Die Billigfluggesellschaft ist für Volten und Spielchen bekannt. „Wir wissen heute noch nicht, was es am Ende bedeuten wird, wenn der Hauptkunde seinen Betrieb am Standort einstellt“, sagt Christoph Goetzmann, zuständig für das operative Geschäft am Hunsrück-Airport. Goetzmann bezeichnet die in Aussicht gestellte Schließung der Ryanair-Basis auf dem Hahn als „eine der größten Herausforderungen, die der Flughafen in seiner Geschichte zu meistern hat“.

Dass das Frachtgeschäft am Hunsrück-Flughafen zurzeit ein Plus von rund 30 Prozent verzeichnet, reicht nicht aus, um den Rückzug von Ryanair zu kompensieren: „Ein Flughafen lebt davon, dass er viele Passagiere hat. Wir sind uns der Bedeutung von Ryanair am Hahn bewusst“, sagt Goetzmann. Was erschwerend hinzukommt: Corona sorge nach wie vor für Einschränkungen bei allen Flughäfen, das mache es schwierig, eine Voraussage für die Zukunft zu treffen. Die Bedingungen könnten sich wöchentlich ändern, so Goetzmann.

Dass die irische Billigfluggesellschaft ihre Basis am Hahn zu schließen beabsichtigt, bedeute nicht zwangsläufig, dass Ryanair den Flughafen gar nicht mehr anfliegt. „Es besteht nach wie vor die Option, dass Ryanair die Vorteile des Standorts weiterhin nutzt“, hofft Goetzmann.

Auch der Landeshaushalt trägt ein großes finanzielles Risiko: Rheinland-Pfalz hat seinen Flughafenanteil von 82,5 Prozent 2017 zwar an den chinesischen Mischkonzern HNA verkauft. Allerdings verpflichtet der Verkaufsvertrag das Land bis 2024 zu Betriebs- (maximal 25,3 Millionen Euro) und Investitionsbeihilfen (maximal 22,6 Millionen Euro) sowie Sicherheitskosten von maximal 27 Millionen Euro (bis 2025). Dazu haftet der Steuerzahler für etwaige Umweltschäden, und das Land hat bei einem Grundstückskauf der Betreibergesellschaft mit 80 Prozent gebürgt. Diese Garantie gilt bis 2028. Im schlimmsten Fall würden also 106,2 Millionen Euro aus der Staatskasse fließen.

Bislang bewilligte das Land dem Betreiber seit 2017 nach Angaben des Innenministeriums 10,3 Millionen Euro an Betriebsbeihilfen, 5,3 Millionen Euro an Sicherheitskosten und 4,8 Millionen Euro an Investitionsbeihilfen.

Wo die Landesregierung sich am Mittwoch an Spekulationen über einen Ryanair-Rückzug nicht beteiligen wollte, machte die Opposition Druck. Die Ankündigung von Ryanair dürfe nicht der Anfang vom Ende des Hunsrück-Airports sein, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Licht aus Brauneberg (Kreis Bernkastel-Wittlich) und forderte: „Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihr Stellvertreter Volker Wissing dürfen diese Entwicklung nicht einfach laufen lassen. Die Menschen in der Region, besonders diejenigen, die vom Flugbetrieb abhängig sind, sind massiv verunsichert. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel“, sagte Licht. Der AfD-Landtagsabgeordnete Jan Bollinger forderte von der Landesregierung, den Geschäftsplan der Flughafengesellschaft darauf zu prüfen, ob Subventionen überhaupt noch fließen sollten. „Wenn sie zu dem Schluss kommt, dass der Geschäftsplan der Flughafengesellschaft nicht mehr haltbar ist und dass der Flughafen keine langfristige wirtschaftliche Perspektive hat, dann muss die Landesregierung auch die Konsequenzen ziehen. Unterstützung darf nicht an Gesellschaften gezahlt werden, die keine Perspektive haben. Die SPD-Sünden sind dem Land und der Region bereits teuer genug zu stehen gekommen“, sagte Bollinger, der fordert, Geld lieber für zukunftsfähige Ideen zu verwenden, die die Wirtschaft im Hunsrück stärkten.

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