15 Schwerverbrecher im Land hoffen auf Freilassung

Rheinland-Pfalz wartet zunächst ab, wie der Gesetzentwurf zur Reform der Sicherungsverwahrung aussieht. Unklar ist allerdings, ob bis dahin Gewalttäter frühzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden müssen.

Trier. 2022 dürften sich für Marc E. die Gefängnistüren öffnen. Der 45-jährige Serienbankräuber wurde im vergangenen Dezember vom Trierer Landgericht zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt. Acht Banken in der Region hat der Brite überfallen, 2008 wurde er geschnappt, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Außerdem ordnete das Gericht den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung an. Vor Ende der Haft hätte geklärt werden müssen, ob von dem ehemaligen Berufssoldaten weiter eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Hätte ein Gutachter dies bejaht, wäre der Bankräuber weiter hinter Gittern geblieben. Dazu wird es aber nach der gestern vorgestellten Reform wohl nicht kommen. Wird der dann 67-Jährige als psychisch gestört eingestuft, muss er zunächst in eine Therapie. Das Urteil gegen den Mann fiel übrigens fünf Tage nachdem der Europäische Menschengerichtshof in Straßburg die deutsche Regelung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gekippt hatte. Seitdem wurde über eine Neuregelung debattiert. Gleichzeitig wuchs der Entscheidungsduck. Nachdem Straftäter unter Verweis auf die Straßburger Entscheidung gegen die nachträgliche Sicherheitsverwahrung geklagt hatten, entschieden Gerichte in einigen Bundesländern (etwa im Saarland), Gewaltverbrecher freizulassen. Deutschlandweit wurden bislang 14 Straftäter, die ihre Haft abgesessen hatten, vorzeitig aus der Sicherungsverwahrung entlassen.

Das rheinland-pfälzische Oberlandesgericht in Koblenz wies Klagen von Sicherungsverwahrten ab. Zuletzt im Juni. Ein 1984 vom Landgericht Zweibrücken wegen zweifacher Vergewaltigung zu siebenjähriger Haft und anschließender zehnjähriger Sicherungsverwahrung Verurteilter beschwerte sich: Die Sicherungsverwahrung war nachträglich verlängert worden. Die Beschwerde des Mannes blieb ohne Erfolg. Ob er nun nach der gestern von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellten Reform freikommt oder zunächst in eine geschlossene Einrichtung muss, steht noch nicht fest. Unklar ist, wie die Regelung genau aussieht. Wahid Samimy, Sprecher des rheinland-pfälzischen Justizministeriums, erwartet, dass der Gesetzentwurf rasch den Bundesländern vorgelegt wird. "Wir werden kritisch prüfen, ob der Entwurf die bestehenden gravierenden Probleme aufgreift und vernünftig löst", so Samimy. Extra Sicherungsverwahrung in Rheinland-Pfalz: Derzeit befinden sich im Land 38 Menschen in Sicherungsverwahrung. Sie sitzen alle in der Haftanstalt in Diez (Rhein-Lahn-Kreis). Nicht alle sind aber von der Reform betroffen. Die gilt nur für Straftäter, die nach der Haft zu einer Sicherungsverwahrung verurteilt worden sind. Das waren Anfang August 15. Unter den 38 Sicherungsverwahrten sind elf Saarländer, die aufgrund eines Abkommens in Rheinland-Pfalz untergebracht sind. 2009 wurde in Trier gegen eine Person die Sicherungsverwahrung rechtskräftig angeordnet. In diesem Jahr gibt es bisher zwei Fälle, die noch nicht rechtskräftig sind. (wie)Stichwort Die Sicherungsverwahrung soll die Bevölkerung vor besonders gefährlichen Tätern schützen, die ihre Haftstrafe schon abgesessen haben. Vor-aussetzung: Der Täter gilt weiterhin als Gefahr für die Allgemeinheit. Ob davon auszugehen ist, legen psychiatrische Gutachter in einem Verfahren vor Gericht dar. Die Sicherungsverwahrung muss alle zwei Jahre überprüft werden. Geregelt wird sie durch Paragraf 66 des Strafgesetzbuches (StGB). Das Gericht kann bei hochgefährlichen Straftätern bereits mit dem Urteil eine anschließende Sicherungsverwahrung anordnen. Stellt sich die besondere Gefährlichkeit von Tätern erst sehr viel später heraus, ist es seit Juli 2004 möglich, dass Gerichte die Sicherungsverwahrung (§ 66b StGB) nachträglich veranlassen. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müssen die dabei geltenden Regelungen jedoch reformiert werden.

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