3000 Liter Milch und trotzdem kein Auskommen

Warum kann ein Milchbauer nicht von seiner produzierten Milch leben? Ein Landwirt aus der Region, der lieber anonym bleiben möchte, hat für den TV seine Bücher geöffnet und Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt.

Trier. 3000 Liter Milch produzieren die 130 Kühe täglich. Eine stolze Leistung. Doch von dem Ertrag leben kann ihr Besitzer nicht. Zumindest nicht bei einem durchschnittlichen Milchpreis von 20 Cent pro Liter, den ihm die Molkerei bezahlt. 600 Euro pro Tag verdient er mit seiner Milch. Um kostendeckend arbeiten zu können, bräuchte der 50-Jährige, der seit fast 30 Jahren mit seiner Frau den Bauernhof betreibt, 32 Cent pro Liter Milch.

Der zweifache Vater hat für den TV seine Bücher geöffnet und seine Einnahmen und Ausgaben offengelegt.

Pro Tag muss er 1250,40 Euro aufbringen, um die laufenden Kosten zu decken. Insgesamt hat er 300 Tiere im Stall und auf seinen Weiden stehen. Allein für deren Futter gehen täglich 513,30 Euro drauf. Wasser, Strom und Versicherungen schlagen mit 105,90 Euro zu Buche. Die regelmäßige Untersuchung der Tiere durch den Tierarzt kostet umgelegt auf den Tag 58,80 Euro. Für den Zukauf weiterer Rinder hat er 24,90 Euro veranschlagt. Personal und Lohn - neben ihm, seiner Frau und einem seiner Söhne arbeitet noch eine Hilfe auf dem Hof - kosten inklusive Sozialabgaben 245,40 Euro. Für Zinsen, Pacht, Unterhalt der Gebäude und Maschinen und Buchführung muss der Landwirt 302,10 Euro jeden Tag bezahlen. Macht zusammen Kosten von 1250,40 Euro - pro Tag.

Er erhält, wie viele Landwirte, Zuschüsse von der EU. 54 873,49 Euro aus den Töpfen der Europäischen Union waren es im vergangenen Jahr bei ihm. "Davon waren allein 25 000 Euro für einen neuen tiergerechteren Stall, der mich 100 000 Euro gekostet hat. Die restlichen 75 000 Euro muss ich aber auch irgendwie aufbringen", sagt der Landwirt, der die Kritik an den Subventionen nicht verstehen kann. Sie seien eine Art Sozialhilfe, ein staatlicher Ausgleich für die niedrigen Preise und Unterstützung für den Erhalt einer wettbewerbsfähigen Landwirtschaft. "Die Zuschüsse werden uns nicht geschenkt. Wir müssen dafür hohe Standards erfüllen", sagt er und nennt als Beispiel strenge Auflagen für Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutz. Es gibt nicht die eine Subvention. Die Zuschüsse teilen sich auf in verschiedene Prämien - etwa für Flächen, Grünland oder Vieh.

Für eine Weide, die an einem Bach liegt, erhält er spezielle Subventionen für Landschaftsschutz. Auf diesen Wiesen darf das Vieh aber nicht vor dem 15. Juni stehen - das sehen die EU-Bestimmungen so vor. Stünden die Tiere einen Tag vorher auf der Weide, gebe es weniger Geld. "Die Kontrolleure überprüfen das genau."

Insgesamt bewirtschaftet der Landwirt 130 Hektar Fläche, rund 150 Euro pro Hektar gibt es dafür an Zuschüssen - als Unterstützung für den Erhalt und den Schutz der Weiden. Die Größe der Fläche muss er bei dem Antrag immer exakt angeben. Per Satellit und durch unangemeldete Kontrollen wird regelmäßig überprüft, ob die Angaben stimmen, ob es sich zum Beispiel um bewirtschaftete Weideflächen handelt. "Da kann man keinen Schmu machen", sagt der Landwirt. Er ärgert sich darüber, dass viele glauben, die Landwirte würden Steuergelder verprassen. Er stellt aber auch klar: "Wir wollen nicht noch mehr Subventionen. Wir wollen endlich von der Milch, die wir produzieren, leben können." Extra EU-Subventionen: Die Europäische Union zahlt Landwirten Zuschüsse für die "Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raums", wie es in den Bedingungen heißt. Damit sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft gefördert, die Lebensqualität im ländlichen Raum und die verschiedenen Landwirtschaftsbereiche erhalten werden. Nicht nur Bauern und Winzer erhalten Geld aus EU-Töpfen, sondern auch Kommunen und Lebensmittelbetriebe wie etwa der Zuckerhersteller Südzucker. Zuschüsse gibt es etwa für sogenannte benachteiligte Gebiete, in denen zum Beispiel wegen des Klimas die Erträge schlechter sind, oder auch für Landschaftspflege, Natur- und Hochwasserschutz. (wie)

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