Abgesang klingt anders

Dem Parteitag der CSU hat Edmund Stoiber mit einer eindringlichen Rede ein vorletztes Mal seinen Stempel aufgedrückt. Da stand gestern nicht jemand am Rednerpult, der freiwillig den Rückzug angetreten hat.

Auch nicht einer, der mit sich und seiner Partei nach all den Intrigen und politischen Ränkespielchen der vergangenen Monate wirklich im Reinen ist. Im Gegenteil. Abgesang klingt anders. Stoiber hat die Latte für jene besonders hoch gelegt, die ihm in seinen beiden Ämtern nachfolgen werden. Bewusst. Er hat die Werte der CSU beschworen. Sein politisches Vermächtnis ist: Ich habe diese Werte bewahrt, ihr müsst euch daran messen lassen - politisch und persönlich zugleich. Eine Drohung, eine Warnung? Wohl eher eine ernstgemeinte Aufforderung. Zu Recht. Denn die intriganten und politisch morbiden Ereignisse der vergangenen Monate haben die Besonderheit der CSU als bundesweit einflussreichste Regionalpartei mit einem Abonnement auf absolute Mehrheiten durchaus in Frage gestellt. Stoiber hat die Delegierten daran erinnert, was passieren kann, wenn man die eigenen Grundsätze aus den Augen verliert. Und er hat so geschickt mit denen noch einmal abgerechnet, die seinen Sturz betrieben haben. Ohne sie direkt zu nennen. Seine Nachfolger müssen nun die Aufgabe der Verjüngung der Partei angehen - obwohl sie selbst schon fast im Pensions- alter sind. Und sie werden zugleich das politische Gewicht der Christsozialen in Berlin neu zu definieren haben. Nicht wenige in der Hauptstadt hoffen durch den Stoiber-Abgang auf eine handzahmere CSU. Beckstein und voraussichtlich Huber werden also ein schweres Erbe antreten, das ist gestern erneut klar geworden. Es war einfach, Stoiber zu stürzen. Es wird weitaus schwieriger werden, in seine Fußstapfen zu treten. nachrichten.red@volksfreund.de

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