Abkassieren um jeden Preis

Verharmlosung ist ein Markenzeichen der großen Koalition. Im Windschatten der Fußball-WM haben Union und SPD gestern im Bundestag ein "Steueränderungsgesetz" durchgepaukt, das die Steuern in Wahrheit für viele Menschen erhöht.

Aber nicht nur das. Die Maßnahmen widersprechen jener politischen Philosophie, die in Sonntagsreden gern bemüht wird. Beispiel Pendlerpauschale: Da tun Kommunen alles Mögliche, um ihre Einwohner im Zentrum zu halten. Aber die Bundesregierung prämiert nur noch jene Menschen, die mit dem Auto mehr als 20 Kilometer zur Arbeit fahren. So wird Zersiedlung gefördert statt eingedämmt. Beispiel Sparerfreibetrag: In der Ära Helmut Kohls war die Aufregung noch groß, als sich die Regierung am Ersparten der Bevölkerung zu schaffen machte. Nun wird die Grenze, oberhalb derer der Fiskus zugreift, fast lautlos ein weiteres Mal halbiert. Dabei vergeht kaum ein Tag, an dem uns kluge Köpfe nicht mahnen, etwas fürs Alter zurück zu legen. Beispiel Kindergeld: Hier wird die Altersgrenze für den maximalen Bezug von 27 auf 25 Jahre reduziert. Wie war das gleich mit den politischen Beschwörungen, die Familienförderung aus- statt abzubauen? Viele Jugendliche stecken gerade zwischen 25 und 27 im Studium, ohne Bafög zu erhalten. Sie können das Kindergeld gut gebrauchen. Nein, was die Regierung unter dem Strich tut, folgt keinerlei schlüssigem Plan. Der Grundgedanke ist bloßes Abkassieren. Ganz gleich, wo und bei wem. Die große Ernüchterung kommt spätestens im nächsten Jahr, wenn die Menschen neben diesen Opfern auch noch eine Anhebung der Mehrwertsteuer schultern müssen. Dabei tendieren die Umfragewerte für Schwarz-Rot schon jetzt in Richtung Keller. nachrichten.red@volksfreund.de

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