Ablenkungsmanöver

Ein Horrorszenario ist in Berlin erschütternde Realität geworden. Und die politischen Reaktionen folgen einem scheinbar altbewährten Muster: Mit dem blutigen Amoklauf eines 16-jährigen Irren wird auch der Ruf nach schärferen Sicherheitsmaßnahmen und härteren Gesetzen lauter.

Schließlich sind es nur noch zwei Wochen bis zur Fußballweltmeisterschaft. Dabei muss auch den Becksteins und Bosbachs klar sein, dass eine absolute Sicherheit Utopie ist. Gerade für die WM wurde eine Fülle von Vorkehrungen getroffen, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Der wirksamste Schutz wäre, die Spiele abzusagen. Doch das ist natürlich Unsinn. Wolfgang Schäuble hat es auf den Punkt gebracht: Große Menschenansammlungen sind immer mit gewissen Risiken verbunden. Das trifft auf Fußballspiele genauso zu wie auf Straßenfeste oder Rock-Konzerte. Die Risiken lassen sich allerdings durch penible Einlasskontrollen und eine verstärkte Präsenz der Polizei reduzieren. Wer sich über Taschendurchsuchungen oder Leibesvisitationen erregt, der sollte bedenken, dass dies zu seinem eigenen Schutz geschieht. Auch ein eingeschränkter Alkoholausschank etwa bei der Fußball-Übertragung auf öffentlichen Großbildschirmen kann ein probates Mittel sein. Nicht zuletzt gehört Zivilcourage dazu, um Schlimmeres zu verhindern. Durch ein beherztes Eingreifen wäre der Berliner Amokläufer womöglich eher zu stoppen gewesen. Wirklich verhindern lassen sich solche Fälle allerdings nicht. Vor diesem Hintergrund ist die neuerliche Diskussion über verschärfte Sicherheitsmaßnahmen nur ein Ablenkungsmanöver. nachrichten.red@volksfreund.de

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