"Abzocke der Bürger"

BERLIN/TRIER. (alf) Zwei Monate nach der Bundestagswahl haben Union und SPD den Grundstein für die große Koalition gelegt. Es war eine schwierige Geburt, sagen die sechs Bundestagsabgeordneten aus der Region Trier.

Mit Karl Diller und Peter Bleser saßen zwei der sechs heimischen Bundestagsabgeordneten am Tisch, als es in Chef- und Untergruppen darum ging, das umfangreiche Koalitionspaket zu schnüren. Für Karl Diller , der als Staatssekretär im Finanzministerium in der Gruppe Finanzen und Haushalt mitmischte, waren die Verhandlungen auch deshalb so schwierig, weil viele Personen eingebunden waren, darunter Ländervertreter. "Da ging es auch gleich um Finanzwünsche, und das macht es einem Haushälter schwer", meint Diller. Auf der anderen Seite sei es besser, jetzt strittige Punkte zu regeln, als die Auseinandersetzung über den Bundesrat auszutragen. Trotz "beidseitiger schmerzlicher Zumutungen" trage das Koalitionspapier eindeutig die Handschrift der SPD. Peter Bleser ist mit dem Ergebnis seines Ausschusses Verbraucherschutz/Landwirtschaft zufrieden. Bei den neuen Technologien und bei nachwachsenden Rohstoffen seien Durchbrüche erzielt worden. Um die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen zu verwirklichen, sei die Erhöhung der Mehrwertsteuer verantwortbar. Wegen der katastrophalen Finanzlage habe es auch keine andere Wahl gegeben. Für Peter Rauen (CDU) ist es wichtig, dass die Arbeitnehmerbeiträge und die Arbeitskosten sinken sollen. Gut - besonders für Mittelständler - sei die zweijährige Probezeit bei Neueinstellungen. Allerdings muss laut Rauen auch mit dem Bürokratie-Abbau ernst gemacht werden, etwa in den Bereichen Verkehr, Genehmigungsverfahren und betriebliche Kontrollen. Christdemokrat Bernhard Kaster beklagt, dass es keine richtige Steuerreform mit einer Vereinfachung des Steuerrechts und der Schaffung von Freibeträgen für untere und mittlere Einkommen geben wird. Auch im Gesundheitswesen sei "kein merklicher Schritt nach vorne gelungen".Höhere Steuern "kontraproduktiv"

Steuererhöhungen seien kontraproduktiv für eine bessere Binnenkonjunktur, kritisiert Edmund Geisen (FDP) die Mehrwertsteuer-Entscheidung. Es seien keine wirklichen Reformen zu Stande gekommen, nur kleinste gemeinsame Nenner und ein "Abzocken der Bürger". Auch die Grünen-Abgeordnete Ulrike Höfken lässt aus Sicht einer künftigen Oppositionspartei kein gutes Haar am Verhandlungsergebnis: "Die sind als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet." Steuererhöhungen seien kunjunkturschädlich und die Streichungen bei Eigenheimzulage und Pendlerpauschale eine große Belastung für die Bevölkerung im ländlichen Raum.

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