Ächter und Schmarotzer

Waren Sie am Samstagabend aus? Im Theater, bei der Party bei Freunden? Ist Ihre Privatsache, meinen Sie? Schon, es sei denn, eine Babysitterin hat auf Ihre kleinen Kinder aufgepasst, und der haben Sie 30 Euro für die guten Dienste mal eben so in die Hand gedrückt.

Oder, noch schlimmer, Sie lassen putzen, bügeln oder Rasen mähen. Dann ist das mitnichten Ihr Bier, dann sollten Sie die dienstbaren Geister aber schleunigst als Mini-Jobber anmelden. Sonst sind Sie nämlich auch einer von Millionen Sozialschädlingen, die diesen Staat ruinieren. Sagt Michael Sommer, und der muss es wissen, schließlich ist er Chef der größten Ansammlung von Schwarzarbeitern im Land, dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Denn völlig richtig hat der Arbeitnehmerboss erkannt, dass zwar auch Putz- und Bügelhilfen häufig bar entlohnt werden, die meisten Übeltäter sich aber in der gewerblichen Wirtschaft tummeln. Übersetzt heißt das: im Handwerk. Recht hat der Mann und damit die einmalige Chance, mit leuchtendem Beispiel voranzugehen. Wenn all die schwarz arbeitenden Gewerkschaftsmitglieder Sozialschädlinge sind, dann weg damit. Runter von den Mitgliedslisten der Gewerkschaften, sofort ausschließen müsste man die! Und wie ist mit den Auftraggebern dieser Schmarotzer zu verfahren? Einen praktischen Vorschlag machte in etwas anderem Zusammenhang jüngst der Kanzler persönlich. Mit Blick auf Boris Becker und Franz Beckenbauer rief er dazu auf, deren Verhalten zu ächten. Der Begriff stammt übrigens aus dem Mittelalter und bedeutet: jemanden für vogelfrei erklären. Jedermann konnte solche Menschen erschlagen, wahlweise auch erdolchen oder sonst wie vom Leben zum Tod befördern, wo immer er sie auch antraf. Die Verbrecher der Neuzeit, die der Kanzler am Pranger sehen will, tun das, was jeder von uns gerne täte, die meisten aber nicht tun können: Sie suchen sich ein Domizil im Ausland und entgehen so dem bundesdeutschen Steuer-Irrsinn. Was würden die selbst ernannten Tugendwächter denn von folgendem Vorschlag halten: radikal runter mit den Steuern, angemeldete Arbeit wieder bezahlbar machen und die Bürokratie so drastisch vereinfachen, dass Manfred Mustermann samt seiner Ehefrau Anna weder Steuerberater noch Finanzbeamter sein muss, um seine Babysitterin anzumelden? d.schwickerath@volksfreund.de

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