Ärzte raten: Jetzt noch impfen

Trier · Weil die Kassen nicht mehr für alle Versicherten die Grippeimpfung zahlten, sei die Influenza in diesem Jahr besonders heftig - sagen Ärzte. Die Kassen wehren sich und kritisieren die Ärzte: Sie verschrieben zu viele Antibiotika.

Trier. Rot. Rund um Trier, in der Eifel und im Hunsrück ist alles rot auf der Karte (siehe Grafik). Sie zeigt, wo die Grippe (Influenza) derzeit am heftigsten grassiert. Und zwar vor allem in der Region Trier und im Saarland. Das für die Gesundheitsüberwachung zuständige Robert-Koch-Institut spricht von einem außergewöhnlichen Infektionsgeschehen. Bereits im vergangenen Jahr im Herbst haben Experten vor einer besonders heftigen Grippewelle in Deutschland gewarnt. Damals war Australien betroffen, dort wurden zu der Zeit doppelt so viele Influenza-Fälle registriert wie im Jahr zuvor. Und diese Grippewelle scheint nun Europa, vor allem Deutschland, mit voller Wucht getroffen zu haben.
Ärzte: Kassen sind schuld


Dass es diesmal so heftig komme, sei die Schuld der Krankenkassen, sagt Ralf Schneider, Allgemeinarzt aus Alzey und Vorsitzender des Ärztenetzwerkes Medi Südwest. Sie hätten sich geweigert, mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Impfvereinbarung zu treffen, wonach die Kassen die Kosten für die Grippeimpfung für alle Versicherten übernehmen. Weil sich nur die - von der Ständigen Impfkommission empfohlenen - Personen (Schwangere, Kranke, Menschen ab 60, Pfleger, Ärzte, Erzieher) kostenlos gegen die Grippe impfen lassen könnten, breite sich die Influenza in diesem Jahr so heftig aus. "Je weniger Menschen geimpft sind, desto weiter und schneller verbreitet sich die Grippe", sagt der Trierer Allgemeinarzt Michael Siegert, ebenfalls Medi-Mitglied. Flächendeckende Grippeimpfungen seien von den Kassen aus rein finanziellen Gründen abgeschafft worden.
Der Chef der AOK Rheinland-Pfalz, Walter Bockemühl gibt zu, dass allein seine Kasse dadurch einen Millionenbetrag pro Jahr einspare. Aber die Kassen, die die Impfung nur für Risikopatienten zahlten, hielten sich nur an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission, in der auch Ärzte säßen. Obwohl die Grippewelle derzeit grassiert, sollte man sich noch impfen lassen, sagt Anneliese Bodemar, Leiterin der Techniker Krankenkasse (TK) in Rheinland-Pfalz. Auch die TK zahlt nur für die empfohlenen Patienten, alle anderen müssten beim Arzt in Vorlage treten und könnten danach mit der Kasse abrechnen. Laut TK verschreiben viele Ärzte bei Erkältungen und Grippe noch immer voreilig Antibiotika. Doch die helfen nur bei durch Bakterien verursachten Erkrankungen, nicht bei Virusinfektionen wie etwa Influenza. Die Menge verschriebener Antibiotika sei in den vergangenen fünf Jahren in Rheinland-Pfalz um 16 Prozent gestiegen. Die TK empfiehlt bei Erkältung statt Pillen sanfte Methoden wie heiße Bäder oder Nasenspülung.Extra

Besonders heikel sind Erkältungen, wenn die Stimme das Werkzeug ist, mit dem man arbeitet. Deshalb leidet das Trie-rer Theater derzeit besonders unter der Grippewelle. "Wir mussten für die Operette ,Gräfin Mariza\\' schon drei Mal kurzfristig Ersatz einfliegen lassen", erzählt Intendant Gerhard Weber. Die Gäste müssen innerhalb weniger Stunden in die Produktion eingeführt werden. Kleinere Aufführungen wie die "Priestermacher" im Studio musste Weber ganz absagen - es gibt niemanden, der einspringen könnte. Nun hofft der Intendant, dass bei den Schlussproben zu seiner Revue "Kleiner Mann, was nun?" alle gesund bleiben. DiL

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