Alle drei Minuten brechen sie ein

Berlin · Nach langem Tauziehen machte das Bundeskabinett am Mittwoch den Weg für schärfere Restriktionen und erleichterte Datenabfragen frei. Vor dem Hintergrund der NRW-Wahl wollte die SPD damit offenbar ein Reizthema abräumen.

Berlin In Deutschland kommt es ungefähr alle drei Minuten zu einem Wohnungseinbruch. Union und SPD hatten sich deshalb schon in ihrer Koalitionsvereinbarung vor vier Jahren zum besseren Schutz vor solchen Delikten bekannt. Doch erst im vergangenen Monat legte Justizminister Heiko Maas (SPD) einen Gesetzentwurf vor, der den Unionsparteien allerdings nicht weit genug ging. So hatte etwa Fraktionschef Volker Kauder (CDU) den Genossen "übertriebene" Datenschutzbedenken vorgeworfen. Der Durchbruch kam schließlich am Dienstag dieser Woche nach mehreren Telefonaten auf Minister- und Fraktionsebene. Und damit müssen Einbrecher künftig rechnen:

HÄRTERE STRAFEN. Bislang gilt für Wohnungseinbrüche ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren. In "minderschweren Fällen" liegt das Strafmaß zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Künftig wird die Mindeststrafe auf ein Jahr angehoben, und der minderschwere Tatbestand entfällt. Entscheidend ist, dass es sich um den Einbruch in eine "dauerhaft genutzte Privatwohnung" handelt. Zu Ferienzwecken gedachte Wohnwagen, aber auch Schuppen oder Garagen fallen also nicht unter die Strafverschärfung. Bei Ferienwohnungen ist nach Auskunft des Bundesjustizministeriums der Nutzungsumfang ausschlaggebend.
DATEN-ABFRAGE. Durch die Mindeststrafe von einem Jahr werden Wohnungseinbrüche juristisch zum Verbrechen, was auch eine Funkzellenabfrage ermöglicht. Streitet zum Beispiel ein Verdächtiger die Tat ab, obwohl bei ihm Diebesgut gefunden wurde, dann können die Sicherheitsbehörden ermitteln, ob sich sein Mobiltelefon zur Tatzeit im Funkzellenbereich des Tatortes befand. Zugleich handelt es sich bei Wohnungseinbrüchen künftig um eine so genannte Katalogstraftat. Das ermöglicht den Ermittlern mit richterlicher Erlaubnis eine Nutzung der Vorratsdatenspeicherung, welche bislang nur bei besonders schweren Delikten wie Terrorismus oder Mord in Betracht kam. Dabei geht es um den Rückgriff auf anlasslos gespeicherte Daten, die Telekommunikationsanbieter bis zu zehn Wochen lang speichern müssen. Dagegen hatte sich die SPD offenbar bis zuletzt gewehrt.
REAKTIONEN: Der Beschluss der Bundesregierung sei sicher ein Baustein zur besseren Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen. Noch wichtiger sei aber genügend gut qualifiziertes Polizei-Personal, sagte der Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, unserer Redaktion. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hofft derweil, dass Ermittler mehr Tätern auf die Spur kommen.
Dazu werde das "Instrument der Verkehrsdatenabfrage und der Standortdatenabfrage helfen", erklärte der CDU-Mann in Berlin. Sein rheinland-pfälzischer Kollege Roger Lewentz (SPD) sagte, es liege schon jetzt in den Händen der jeweiligen Richter, inwieweit der Strafrahmen ausgeschöpft werde.
"Verurteilungen zu höheren Freiheitsstrafen hängen letztendlich nicht davon ab, ob die Mindeststrafe bei sechs Monaten liegt oder erst bei einem Jahr beginnt", so Lewentz. Dennoch begrüße er grundsätzlich die Anhebung der Mindestfreiheitsstrafe, wobei sie alleine nicht dazu beitragen kann, tatgeneigte Personen von der Begehung von Wohnungseinbrüchen abzuhalten.
In Nordrhein-Westfalen, wo am Sonntag gewählt wird, hat die Union die Einbruchskriminalität zum Wahlkampfthema gemacht und die Genossen damit unter Druck gesetzt.Extra: Einbruchsfolgen


Zum materiellen Schaden kommt für die Opfer des Wohnungseinbruchs der ideelle Schaden hinzu. Es werden Gegenstände entwendet, die nicht mehr zu ersetzen sind, auch Erbstücke, die mit Erinnerungen an Verwandte verbunden sind. Viele der Geschädigten haben nach der Tat Angst, die sich durch Schlaf- oder Essstörungen, Magen-, Rücken- und Kopfschmerzen äußert. Teilweise geht dies so weit, dass Opfer die Wohnung wechseln, da ihnen der Gedanke unerträglich ist, dass ein Fremder dort war. Quelle: Wikipedia

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