Alles hat seinen Preis

Morgens brummen im Bad Fön und Rasierer, in der Küche röchelt die Kaffeemaschine, im Büro dröhnen die Computer und im Dunkeln brennt das Licht: Wer so abhängig ist von der permanenten Stromversorgung wie die Bevölkerung in der so genannten zivilisierten Welt, kann sich kaum (mehr) vorstellen, ohne die Verfügbarkeit des Saftes aus der Steckdose zu leben.

Wie hilflos fühlen wir uns, wenn für kurze Zeit der Strom abgestellt werden muss. Kühlschrank, Fabrikmaschinen und Ampeln tot - der Alltag ist quasi abgeschaltet. Doch dass bald wieder Energie fließt und ein kurzzeitiger Stillstand des Lebens bislang in Deutschland keinen Schaden angerichtet hat, ist der Aufteilung der Übertragungsnetze in vier verschiedene Regelnetze zu verdanken. Darunter bilden zahlreiche regionale und lokale Verbindungen ein engmaschiges Netz aus Stromleitungen, die den Verlust weniger Teilstücke ohne große Komplikationen verkraften können. Allerdings hat diese weitgehend gesicherte Energieversorgung ihren Preis: Mit der Liberalisierung des deutschen Strommarktes vor gut fünf Jahren hat sich ein Machtkartell von wenigen großen Stromanbietern entwickelt, das nur bedingt die Vorteile des freien Marktes - mehr Wettbewerb und niedrigere Preise - an den Stromkunden weiterleitet, wie es der Bund der Energieverbraucher fordert. Doch wie weit ist der freie Markt überhaupt sinnvoll? Die USA liefern das Paradebeispiel für einen entregulierten Strommarkt. Waren früher die Energieversorger weitgehend in öffentlicher Hand, sind sie nun Konkurrenten. Gab es früher Kooperationen, so gibt es nun Wettbewerb - mit allem positiven wie negativen Konsequenzen: Energie zum Nulltarif, der aber kaum Anreiz zum Stromsparen liefert, und Unternehmen, die sich statt an der Versorgungssicherheit und damit an Investitionen lieber an Renditen und Gewinnen orientieren. Was für den Markt, den Wettbewerb und die Preise gut ist, bedeutet im Umkehrschluss aber nicht auch eine sicherere Versorgung. Alles hat eben auch seinen Preis. s.schwadorf@volksfreund.de

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