Alles wegen "Anne"

Die örtlichen Behörden haben nichts unversucht gelassen, dem Alt-Eigentümer der teilweise an die NPD untervermieteten alten Gonzerather Schule das Leben schwer zu machen. Wie es scheint, war die Strategie erfolgreich.

Morbach. Es mag für außen Stehende ein wenig abstrus klingen. Aber ohne einen bissigen Mischlingshund namens "Anne" hätte es die rheinland-pfälzische NPD wohl nie in den Hunsrück-Ort Gonzerath verschlagen. Es hätte keine Demonstrationen mit "Nazis raus"-Rufen gegeben und auch kein überparteiliches Bündnis, das gegen die rechtsextreme Präsenz in 25 Kilometern Entfernung zum ehemaligen Konzentrationslager Hinzert protestiert. "Anne" war oder ist der Hund von Peter Landwehrmann, einem Wuppertaler Unternehmer, der vor einigen Jahren von der Gemeinde die alte Gonzerather Schule gekauft hat. Der Streit begann, als der Schnauzermischling einige Leute biss und seinem Besitzer schließlich von den Behörden abgenommen wurde. Seitdem ist "Anne" im Idar-Obersteiner Tierheim und sein Herrchen Peter Landwehrmann ziemlich sauer. Aus Frust soll der nach eigenen Angaben überzeugte Liberale deshalb Ende letzten Jahres den Rechtsextremen angeboten haben, in der alten Gonzerather Schule eine NPD-Kaderschmiede zu errichten. Dagegen hagelte es von Anfang an massive Proteste vor Ort. Im Vorfeld der ursprünglich für Anfang März geplanten offiziellen Einweihung des nach dem Hunsrücker Räuberhauptmann Schinderhannes benannten "Schulungszentrums" schlossen sich dutzende Gruppierungen und Parteien zu einem überregionalen Bündnis zusammen. Über 2000 Menschen demonstrierten schließlich in Gonzerath friedlich gegen die rechtsextreme Kaderschmiede. Weil sich davon weder die NPD noch Unternehmer Peter Landwehrmann beeindruckt zeigten, zog die Gemeinde ihren ersten Trumpf aus dem Ärmel und machte von ihrem Rückkaufrecht Gebrauch. Hintergrund: Der Unternehmer hatte sich beim Kauf vor fünf Jahren verpflichtet, die alte Schule in ein bezugsfertiges Wohn- und Geschäftshaus umzubauen. Für den Fall, dass er dieser Zusage nicht nachkomme, hatte Landwehrmann der Kommune laut Bürgermeister Eibes eine Vollmacht gegeben. Auf deren Grundlage ist die Gemeinde seit Kurzem wieder Eigentümer der Immobilie.Weil Landwehrmann die Schule trotz Aufforderung danach nicht geräumt hat, will die Gemeinde in den nächsten Tagen Räumungsklage einreichen. Aber auch der Alt-Eigentümer will sich gegen den gemeindlichen Rückkauf wehren und hat deshalb einen Anwalt eingeschaltet. Der Streit ist noch nicht beigelegt, da holten die Behörden am Mittwochnachmittag bereits zum zweiten Schlag aus. Bei einer Begehung des Gebäudes hätten die Bauämter von Kreis und Einheitsgemeinde "lebensgefährliche und erhebliche baurechtliche Mängel" festgestellt, sagte der Morbacher Bürgermeister unserer Zeitung. Die alte Schule wurde daraufhin mit sofortiger Wirkung dicht gemacht, Landwehrmann musste seine Siebensachen packen. Auch den Rechtsextremen, in deren Räume in der Nacht auf gestern eingebrochen worden sein soll, werde man diese Gelegenheit geben, sagt Eibes.Obwohl in Sachen alte Schule noch mit juristischen Nachspielen zu rechnen sein dürfte, atmen die Gonzerather Bürger bereits auf: "Wir sind froh, dass die Rechtsextremen und Landwehrmann vor die Tür gesetzt wurden", sagte gestern ein Einheimischer dem TV. Meinung Gonzerath macht Mut Hut ab! Der monatelange Protest gegen die NPD-Kaderschmiede im Hunsrück-Ort Gonzerath scheint sich auszuzahlen. Ein Verdienst der örtlichen Bevölkerung und zahlreicher lokaler sowie überregionaler Gruppierungen, die immer wieder deutlich gemacht haben, dass die rechtsextremen Rattenfänger unerwünscht sind. Ein Verdienst aber auch der Behörden. Orts-, Einheitsgemeinde und die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich haben wirklich alles unternommen, um dem Alt-Eigentümer des Gebäudes und den von ihm beherbergten "Kameraden" das Leben schwer zu machen. Um sie vor die Tür zu setzen, wurden sämtliche Register gezogen, die Gesetze und Vorschriften hergeben. Gut so! Es zeigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Keine Gemeinde muss tatenlos zusehen, wenn die NPD sich ausgerechnet dort niederlassen will. Das Beispiel Gonzerath sollte daher anderen Orten und Städten Mut machen, die in Zukunft von den Rechtsex-tremen heimgesucht werden. Mit Durchhaltevermögen und Einfallsreichtum sind sie rasch wieder zu vertreiben.

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