"Als ob wir in Schloss Windsor wären"

Berlin · Der PR-Berater und Talkshow-Dauergast Berlin Klaus Kocks über den bisherigen Verlauf der Sondierungsgespräche für Jamaika.

 Klaus Kocks. Foto: Privat

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Berlin Klaus Kocks ist PR-Berater und wegen seiner kontroversen Meinungen ein Dauergast in den deutschen Talkshows. Nach seiner Auffassung ähneln die Jamaika-Sondierungen einem flotten Dreier, bei dem sich aber zwei Partner nicht mögen. Es fehle zudem an Vertraulichkeit, so Kocks im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Kocks, richtig gut gelaufen sind die Jamaika-Sondierungen bisher nicht. Was würden Sie den Beteiligten raten?
Klaus Kocks Jede Partei sollte maximal zwei Leute entsenden. Zweitens macht man das wie bei der Papstwahl, man schmeißt den Schlüssel weg, und erst, wenn man sich geeinigt hat, dürfen alle wieder raus. Die bisherige Abfolge von Großgruppendiskussionen mit anschließendem Balkonevent, als ob wir in Schloss Windsor wären, sind eine Inszenierungsklamotte. Aber keine Einigungsversuche.

Bei einem Konklave gibt es irgendwann einen Papst, aber bei Jamaika-Gesprächen nicht zwangsläufig ein Einvernehmen.
Kocks Richtig. Das Grundproblem bleibt. Union, FDP und Grüne möchten einen flotten Dreier haben. Aber nach meiner Lebenserfahrung funktionieren flotte Dreier niemals, wenn zwei der drei Partner gar nicht miteinander können. Also in dem Fall vor allem Grüne und FDP. Da hilft dann meist auch keine Verhandlungsdiplomatie.

Trotzdem stellt sich wieder die Frage: Was nun?
Kocks Das vorab: Jamaika ist ein Land, eine Fahne. Aber für mich keine realpolitische Konstellation. Ein solches Bündnis wird nach meiner Überzeugung nicht lange funktionieren können. Insofern tauge ich auch kaum als Eheberater. Aber: Wenn es überhaupt klappen soll, muss es bereits bei den Sondierungen vertraulich zugehen. Das ist das A und O. Aber Vertraulichkeit ist nicht gegeben.

Sie spielen auf die hohe Zahl der Verhandler an?
Kocks Ja. Die Verhandlungsgruppen sind viel zu groß. Weshalb jeder plaudern kann, wie er will. Vor allem sind sie zum Teil durch Aufpasser besetzt. Bei den Grünen sitzt meiner Meinung nach Jürgen Trittin nur deshalb am Tisch, um zu verhindern, dass Cem Özdemir jemals Minister wird. Ähnliche Funktionen haben einige Protagonisten bei CDU und CSU. Es gibt ganze Bataillone der Einigungsverhinderer. Weil alle Angst haben, dass sie düpiert werden könnten.

Dann muss jetzt eben die Kanzlerin für Vertrauen und Kompromisse sorgen.
Kocks Das müsste sie eigentlich. Doch die Kanzlerin will immer nur Everybody's Darling sein. Das Genie des Ungefähren wird jedoch seinen Idealcharakter verlieren, wenn es den beteiligten Parteien entgegen meiner Erwartung tatsächlich gelingen sollte, eine Koalition zu schmieden. Merkels Rollenmodell wird in einem solchen Bündnis nicht mehr funktionieren. Und dann wird es richtig spannend werden.

Hagen Strauß

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