Altlasten mit viel Zündstoff

Der Skandal im Umweltzentrum (UWZ) Trier lässt die Handwerkskammer nicht zur Ruhe kommen. Nach Unregelmäßigkeiten bei Prüfungen zum "Gebäude-Energieberater" hat die Kammer nun die Zertifikate von 70 Teilnehmern einkassiert.

Trier. Handwerkspräsident Rudi Müller muss sich derzeit vorkommen wie ein Feuerwehrmann. Jüngst musste er einen Nachfolger für den beurlaubten Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks suchen, nun brennt die nächste "Baustelle": Wegen "offensichtlicher Formfehler" könnten die Zertifikate von 70 Energieberatern nicht gültig sein. "Diese Prüfungsentscheidungen müssen daher vorläufig aufgehoben werden", schreibt die HWK.

Die Betroffenen reagieren zuerst entsetzt, dann entschlossen. Viele haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet und denken über Regressforderungen an die Kammer nach. Präsident Müller sieht die Brisanz der Angelegenheit, bedauert aber: "Wir mussten die Notbremse ziehen, um größeren Schaden für die Kammer zu verhindern." Die HWK muss nun die Missstände beseitigen, die über Jahre im Umweltzentrum der HWK geherrscht haben. Unregelmäßigkeiten gab es nicht nur bei den Abrechnungen, sondern auch bei den Weiterbildungskursen (der TV berichtete).

So sollen nach der Kritik von Teilnehmern einzelne Module der Weiterbildungsmaßnahmen ausgefallen sein, die Referenten seien teilweise nicht qualifiziert gewesen, und es seien Teilnehmer zugelassen worden, die nicht über die notwendige Qualifikation verfügt hätten.

"Notbremse gezogen"



Bei der Überprüfung der "Altlasten" hat nun die Kammer nach eigenen Aussagen "die Notbremse gezogen" und teilt mit: Im Zuge der internen Überprüfungen möglicher Unregelmäßigkeiten in ihrem Umweltzentrum hat die HWK festgestellt, dass bei einem Teil der Fortbildungsprüfungen zum "Gebäudeenergieberater" offensichtlich Formfehler aufgetreten seien. Diese Prüfungsentscheidungen mussten daher vorläufig aufgehoben werden.

Ein Prüfungsausschuss soll nun "schnellstmöglich" die alten Prüfungen untersuchen. HWK-Präsident Rudi Müller: "Bei einem positiven Ergebnis behält die abgelegte Prüfung ihre Gültigkeit. Andernfalls erhalten die Prüflinge kostenlos die Möglichkeit, den Kurs oder die Prüfung zu wiederholen."

Für alle Beteiligten könnte die Situation allerdings einen riesigen "Rattenschwanz" nach sich ziehen. Einige Energieberater haben gegenüber dem TV angekündigt, dass sie Regressansprüche gegen die Kammer stellen wollen. Besondere Brisanz bekommt das Ganze dadurch, dass eben diese zertifizierten Gebäude-Energieberater Zuschüsse beim zuständigen Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (Bafa) und Fördermittel für Hausumbauten bei der KFW beantragen dürfen.

Handwerkspräsident Müller: "Wir hoffen, dass wir alle Fragen möglichst schnell auflösen können und dass die meisten der Teilnehmer entsprechend qualifiziert sind."

Kürzlich hat das UWZ einen neuen Kurs zum Energieberater ausgeschrieben. "Da ist alles in trockenen Tüchern", sagt Müller. Der Schreinermeister an der Spitze der HWK kämpft noch mit vielen Altlasten. Unterstützung soll er dabei vom ehemaligen Hauptgeschäftsführer der HWK Koblenz, Karl-Jürgen Wilbert, bekommen, der als kommissarischer Hauptgeschäftsführer im Gespräch ist.

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