Am Ende der tollen Tage

Ob nun der Streit über die Senkung der Mehrwertsteuer für bestimmte Branchen, über die Honorare für die Ärzte oder über Volksabstimmungen in Europa - die Liste der Auseinandersetzungen zwischen CDU und CSU ist lang.

Berlin. Da gibt es da einen bayerischen Ministerpräsidenten und Parteichef Horst Seehofer, der mit seinen Positionswechseln Freunde und Gegner verwirrt. Und eine CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die für ihren völlig unkonservativen Kurs in den eigenen Reihen in der Kritik steht. Seit längerem schon erlebt die Union tolle Tage - von denen nun aber keiner mehr etwas wissen will.

Nichts ist entschieden, dafür alles vertagt, und schuld ist die SPD. So lässt sich der neue Burgfrieden der Schwesterparteien zusammenfassen. Zum Beispiel beim Thema Mehrwertsteuer: Wegen des Koalitionspartners sei eine Senkung nicht zu machen, meinte Seehofer gestern. Deshalb sehe er vor der Bundestagswahl keine realistische Chance mehr, seine Forderung zu verwirklichen. Dass auch die Kanzlerin und die CDU dagegen sind, verschwieg er. Nun soll eine Mehrwertsteuerreform Teil des "gesamten Steuerpaketes" der Union zur Bundestagswahl werden.

Seehofer hat gemerkt, dass die CDU-Führung zunehmend allergisch auf die andauernde Kritik und Besserwisserei aus Bayern reagiert. Denn nicht zuletzt das ist auch ein Grund dafür, warum die Union derzeit in den Umfragen nicht sonderlich gut dasteht - der Wähler mag es nicht, wenn zu viel gestritten wird.

Es habe "sehr große Einigkeit" gegeben, sagte Merkel nach der Sitzung ihrer Parteispitze. Dem Vernehmen nach habe sie "unter Applaus" darauf hingewiesen, dass ein Streit der beiden Schwesterparteien niemandem nütze. Es gebe zwar in einer Volkspartei immer unterschiedliche Akzente. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir das im Wahlkampf miteinander bündeln werden", betonte sie anschließend.

Am Wochenende waren Merkel gleich mehrere Ministerpräsidenten beigesprungen und hatten sie gegen das "Gemäkel" aus Bayern, aber auch aus der CDU in Schutz genommen.

Denn der unionsinterne Zwist hat bislang vor allem der SPD Aufwind gegeben. CSU-Chef Seehofer treibe Woche für Woche "neue Säue durchs Dorf", was man nur "nervöser Gefallsucht" erklären könne, stichelte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gestern weiter.

"Wir haben eine gute und starke Kanzlerin", lobt nun neuerdings Seehofer. Merkel weiß, dass der Treueschwur nicht lange halten wird. Zu oft hat der Bayer schon seine Positionen überraschend gewechselt, um sich daheim zu profilieren - beim Gesundheitsfonds, den Managergehältern oder bei der Honorarreform für die Ärzte, der die CSU zugestimmt hat.

Auch am Thema "Europa" scheiden sich die Geister: Die CDU hält die Forderung der CSU nach direkten Volksentscheiden bei wichtigen EU-Entscheidungen für falsch: "Wir halten das nicht für geboten", so Merkel. Die Bayern indes wollen damit im Wahlkampf Stimmung machen. Beim "Europakongress" der CDU gestern in Berlin wurde dem erneut eine Absage erteilt.

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