Amerikas Wirtschaft an der Klippe

Neue Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt erhöhen den Druck auf den US-Kongress, das Konjunkturprogramm zu verabschieden. Präsident Barack Obama warnt die Republikaner vor den Konsequenzen einer Blockade.

Washington. Nur drei Mal zuvor verloren die USA so viele Arbeitsplätze in einem Monat wie im zurückliegenden Januar. Mit dem Abbau weiterer 598 000 Jobs erreichte die nominelle Arbeitslosenquote 7,6 Prozent. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit dürfte weit darüber liegen. Seit Beginn der Rezession vor 13 Monaten hat die US-Wirtschaft kontinuierlich Arbeitsplätze verloren - insgesamt rund 3,6 Millionen, was den stärksten Rückgang auf dem Arbeitsmarkt seit dem Zweiten Weltkrieg bedeutet.

Experten beunruhigen die Breite und das Tempo, mit dem sich der Trend seit September entwickelt. Die Kauflust der amerikanischen Konsumenten geht seit dem Sommer kontinuierlich zurück. Unternehmen investieren weniger in Ausrüstung und Software. Verschärft wird der Rückgang bei der Inlandsnachfrage durch einen Einbruch beim Export. "Es fällt schwer zu übertreiben, wie groß die wirtschaftlichen Probleme sind, in denen wir stecken," analysiert Nobelpreisträger Paul Krugman die Lage der US-Wirtschaft, für die Optimisten frühestens Mitte des Jahres ein Ende des Abwärtstrends erwarten.

Nachdem die amerikanische Notenbank die Zinsen bereits auf Null gesenkt habe, könne nur noch staatliche Nachfrage die Konjunktur stimulieren, meint Krugman. Umso unverständlicher sei das Verhalten der Republikaner im Kongress. "Die amerikanische Wirtschaft steht am Rande einer Katastrophe, und die Republikanische Partei versucht, sie über die Klippe zu stoßen," meint der Ökonom in der New York Times.

US-Präsident Obama gebraucht ein ähnliches Bild: "Mich kümmert es nicht, ob sie ein Hybrid-Auto oder einen Geländewagen (SUV) fahren", warnte er die Zauderer im Kongress, "wenn sie auf eine Klippe zusteuern, müssen sie den Kurs verändern."

Frustriert von der Blockadepolitik der Opposition, erinnerte Obama die Republikaner an ihre Verantwortlichkeit für die Krise. Ihre Politik aus Steuersenkungen sei über Jahre praktiziert und im November von den Wählern zurückgewiesen worden. "Was glauben Sie, was ein Stimulus ist?" fragt der kämpferische Präsident, der sich am Montagabend zur besten Sendezeit im Fernsehen an seine Landsleute wenden will. "Das bedeutet Geldausgeben. Darum geht es. Ernsthaft."

Doch genau dabei haben die Republikaner Bauchschmerzen. Geschickt heben sie - um das ganze Paket der Lächerlichkeit preiszugeben - in der Debatte einzelne Ausgabenposten hervor, die ihrer Ansicht nach eine Verschwendung von Steuergeldern darstellen. Tatsächlich bestehen innerhalb der Fraktion erhebliche Vorbehalte gegen die Idee massiver Staatsinvestitionen zur Stimulierung der Wirtschaft. Während Obama den Druck erhöhte, arbeitete eine Gruppe aus 20 moderaten Senatoren fieberhaft daran, das Paket noch am Freitag über die nächste Hürde zu heben.

Meinung

Nur ein Ausweg

Der Ernst der Lage scheint bei den US-Republikanern nicht anzukommen. Statt dem neuen Präsidenten kleinlaut zu helfen, das Konjunkturpaket schnell zu verabschieden, insistieren sie auf die gleichen Fehlentscheidungen, die zum freien Fall der US-Wirtschaft geführt haben. Als ob ihre Politik der vergangenen acht Jahre nichts mit der schlimmsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun hätte. Da die Möglichkeiten der Geldpolitik bei null Prozent Zinsen ausgereizt sind, bleibt nur noch die Stimulierung der Wirtschaft durch Nachfrage des Staates. Anders gesagt: Geld ausgeben. nachrichten.red@volksfreund.de

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