Ampelbündnis schweigt über geheime Absprachen

Mainz · Nebenabreden zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag sorgen in Baden-Württemberg seit Tagen für Schlagzeilen. Auch die rheinland-pfälzischen Ampelparteien haben derartige Absprachen getroffen - und schweigen sich über die Inhalte in trauter Einigkeit aus. Ein gefundenes Fressen für die Opposition.

Mainz. Als Winfried Kretschmann vergangene Woche von Journalisten über die zunächst geheim gehaltenen Nebenabreden zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag gefragt wurde, da vermittelte der baden-württembergische Ministerpräsident den Eindruck, als könne er die ganze Aufregung nicht verstehen. Politik ohne Absprachen hinter den Kulissen, das gehe doch gar nicht, meinte der 68-jährige Grüne. "Ich mauschele schon immer." Und er habe kein schlechtes Gewissen dabei.

Wenige Tage zuvor waren Details der geheimen Nebenabreden bekannt geworden. In dem 13-seitigen Papier sind Vorhaben im Umfang von insgesamt zwei Milliarden Euro aufgeführt, die die Koalitionäre in dieser Legislaturperiode vorrangig umsetzen wollen.

Parallel zu Baden-Württemberg liefen vor vier Monaten auch in Rheinland-Pfalz Koalitionsverhandlungen. Das Ergebnis der am Ende erfolgreichen rot-gelb-grünen Gespräche ist in einem 140-seitigen Koalitionsvertrag festgehalten. Doch wie in Stuttgart gibt es auch zwischen den Mainzer Koalitionären geheime Nebenabreden, wie jetzt Sprecher der drei Regierungsparteien auf Anfrage unserer Zeitung einräumten. Damit aber war es mit der Redseligkeit auch schon fast wieder vorbei. Denn zu inhaltlichen Details wollte sich unter Verweis auf die "vereinbarte Vertraulichkeit" niemand äußern.

Das sei "nicht unüblich", sagte SPD-Generalsekretär Daniel Stich, "gängige Praxis", meinte FDP-Sprecher Hermann Wiest,"nichts Ungewöhnliches", kommentierte Grünen-Landesvorsitzender Thomas Petry.

Dass ausgerechnet die rheinland-pfälzischen Grünen "nichts Ungewöhnliches" an den geheimen Nebenabreden finden, ist einigermaßen überraschend. Schließlich setzt sich die Landespartei seit Jahren für mehr Transparenz ein - ob bei Nebeneinkünften für Abgeordnete oder beim Zugang zu Informationen.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hatte sich vor drei Jahren in ihrer ersten Regierungserklärung für mehr Transparenz ausgesprochen. Sie wolle staatliches Handeln transparenter machen, so die vollmundige Ankündigung der SPD-Politikerin.

Nun betonen alle Beteiligten, dass in den Nebenabreden eigentlich nichts Großartiges drinstehe, nur die Besetzung von Gremien, Personalfragen oder Mechanismen der Zusammenarbeit seien geregelt worden. "Auch inhaltliche Punkte können aufgenommen werden", meint FDP-Sprecher Hermann Wiest, ohne zu sagen, ob dies nun der Fall ist oder nicht.

Die Nebenabreden sind jeweils nur einem kleinen Zirkel in den drei Parteien bekannt. Würden Details an die Öffentlichkeit gelangen, könnte dies die an sich gute Stimmung in der Ampel trüben, ist zu hören.

CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder schwant angesichts der rot-gelb-grünen Geheimniskrämerei nichts Gutes. Wie man am Beispiel des Hunsrück-Flughafens Hahn sehe, hätten die Bürger allen Grund, den Umgang mit ihren Steuergeldern zu überwachen, kritisiert Schnieder die Nebenabreden.

Die baden-württembergischen Regierungsparteien haben auf die Diskussionen übrigens inzwischen reagiert und die Nebenabreden veröffentlicht. Das einstige Geheimpapier ist jetzt nicht mehr geheim.

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