An der Gebietsreform scheiden sich die Geister

Eine neue kommunale Landkarte mit veränderten Gebietsgrenzen will Ministerpräsident Kurt Beck bei der Kommunalreform nicht einfach an Bevölkerungszahlen festmachen. Allerdings sind nicht nur Landräte und Verbandsbürgermeister uneins, ob überhaupt, wo und wie neue Grenzen zu ziehen sind.

Mainz. "Wer einen Sumpf trocken legen will, darf die Frösche nicht fragen", lautet ein gern zitierter Spruch - auch von Politikern - zur geplanten Kommunalreform. Heinz Onnertz, Chef des Vulkaneifelkreises, hat als landesweit "einziger nicht parteiangehöriger Landrat" kein Problem, offen zu reden, wie er betont. "Eine Reform ist überfällig, wir brauchen weniger Verwaltung", sagt der Landrat des mit 63 000 Einwohnern landesweit kleinsten Kreises.Quasi-Abschaffung der Verbandsgemeinden?

"Weniger Verwaltung" heißt für ihn jedoch nicht die immer mal wieder diskutierte Fusion zu einem großen Eifelkreis mit Bitburg-Prüm (95 000 Einwohner), der es - bezogen auf die Fläche - mit dem Saarland aufnehmen könnte. Onnertz plädiert für einen alten FDP-Vorschlag: Quasi-Abschaffung der Verbandsgemeinden (VG) samt ihren Räten und Bürgermeistern. Was bliebe, wäre ein Bürgerbüro als Ansprechstelle für die Anliegen der Einwohner und eine Servicestelle für die Kommunen. Das würde richtig Geld sparen und keine überdimensionierten Kreise schaffen, ist er sicher. Stattdessen sollten nun rechtlich aufwendige Verwaltungsangelegenheiten wie Waffenrecht oder der Einzug des Führerscheins den Verbandsgemeinden zugeschlagen werden, moniert Onnertz und spricht von einer "krampfhaften Suche" nach Aufgaben für die VG. Trier-Saarburgs Landrat Günther Schartz, einst selbst Verbandsgemeindebürgermeister, widerspricht: Es brauche die VG und auch ihre politische Spitze. Nicht alles vom Flächennutzungsplan bis zu den Bereichen Wasser und Abwasser soll nach seiner Auffassung gleich auf die Kreisebene hochgezogen werden. Zwar sind auch für Schartz nicht alle Landkreise oder Verbandsgemeinden unantastbar. Doch am Ende rechnet er mit wenig Änderungen. Nicht ausschließen will er allerdings, dass ein Aus die ein oder andere VG mit nur drei oder vier Ortsgemeinden oder wenigen Tausend Einwohnern ereilt. Vorrangig bleiben für Schartz erst einmal Aufgabenkritik und Zuständigkeiten. Bei seinem kommunalen Spitzenverband, dem Landkreistag, findet die Vorschlagsliste der Landesregierung (der TV berichtete) überwiegend Zustimmung. Landrat Roger Graef (Bitburg-Prüm) wird deutlicher: Mit Klein-klein habe man auf Dauer keine Chance. Der Bevölkerungsrückgang lasse keine andere Wahl, als zu größeren Einheiten zu kommen, so Graef. Doch in den beiden Volks- und Kommunalparteien SPD und CDU halten sich die offiziellen Befürworter dieser Linie in Grenzen."Bevölkerungsrückgang lässt keine Wahl"

Allein die derzeit im Landtag nicht vertretenen Grünen haben fünf Kreise benannt, die mit unter 100 000 Einwohnern zur Disposition stünden (Vulkaneifel, Cochem-Zell, Kusel, Donnersbergkreis, Birkenfeld), und rund 90 von insgesamt 200 Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden mit weniger als 13 000 Einwohnern. Bei SPD und CDU wird dagegen vor allem heftig über den Kooperationswillen des jeweils anderen gestritten. Gleichzeitig setzen beide Parteien vor allem auf freiwillige Zusammenarbeit bei den Kommunen statt auf verordnete Fusionen. Für Graef steht dagegen fest, dass beide bei einer Gebietsreform mitziehen müssen - "sonst geht nichts". Extra Aufgaben-Verlagerung: Die Vorschläge der Landesregierung zur Verwaltungsreform sehen Aufgabenverlagerungen zwischen Landesämtern, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD (Trier), Struktur- und Genehmigungsdirektionen SGD (Koblenz, Neustadt) sowie Landkreisen (auch kreisfreien Städten) und Verbandsgemeinden (VG) vor: Verkehrsüberwachung (von Polizei an Kreise und VG) Trägerschaft weiterführende Schulen (von VG an Kreis) Trägerschaft Grundschule (von Ortsgemeinde an VG) Namensänderungen (von Kreis an VG) Eintragung Lebenspartnerschaft (von Kreis an VG) Aufgaben untere Jagdbehörde (von Kreis an VG) Führerscheinbehörde (von Kreis an VG) Aufgaben Landwirtschaftsverwaltung (von ADD an Kreis) Zuständigkeiten Gewerberecht (von Kreis an VG) Sozialhilfe-Angelegenheiten (Bündelung bei Kreis) Jugendhilfe (Bündelung bei Kreis) Wahlleiterernennung (von ADD an Landeswahlleiter) Bodenschutz-/Umwelt-Angelegenheiten (von Landesamt und SGD an Kreis) Wasserwirtschaft (von SGD an Kreis) (win)

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