An der langen Leine

Nicht nur die Gedanken sind es, auch das Studium ist frei. Dieser Grundsatz des neuen rheinland-pfälzischen Hochschulgesetzes lässt es leicht verschmerzen, dass Langzeitstudenten demnächst in die Tasche greifen müssen, wenn sie ihren staatlichen Bildungskredit aufgebraucht haben und nach acht oder mehr Jahren noch keinen Abschluss vorweisen können.

Zwar ist das Gebühren-Signal in diesen Fällen angemessen, vor Hoffnungen auf eine merkliche Entlastung der Hochschulen, ob finanziell oder personell, muss jedoch nachdrücklich gewarnt werden. Das neue Hochschulgesetz bringt insgesamt erheblich mehr Gestaltungsfreiheiten an Universitäten und Fachhochschulen: ein Präsident, der erst recht nach der zweiten Überarbeitung des Gesetzes deutlich mehr Entscheidungskompetenzen hat, sowie eine Hochschule, die über ihr Budget freier verfügen und vieles im alltäglichen Ablauf bis hin zu der Grundordnung in eigener Regie regeln kann. Natürlich gingen die Forderungen nach Autonomie und Selbstverantwortung noch erheblich weiter. In der Tat ist zu fragen, ob die Position eines Uni-Kanzlers als Verwaltungschef oder die Größe des Hochschulrates gesetzlich vorgegeben sein muss oder nicht den Hochschulen überlassen werden kann. Auch wenn die Leine des Ministeriums erheblich länger geworden ist, vieles muss noch immer im Einvernehmen mit dem Minister geregelt werden oder steht unter Genehmigungsvorbehalt. Auf der anderen Seite sehen sich die Hochschulen mit zunehmender Selbstständigkeit auch unausgesprochen dem Risiko ausgesetzt, dass das Land seine finanzielle Verantwortung angesichts leerer Kassen künftig etwas lockerer sehen könnte. Wie weit auch immer die Autonomie der Hochschulen gehen sollte, aus der Verpflichtung, die Bildung finanziell zu sichern, kann das Land nicht entlassen werden. j.winkler@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort