ANALYSE: Putins Pilgerfahrt

In Jerusalem und Ramallah betritt Präsident Putin politisches Neuland. Das postkommunistische Russland glänzte bisher auf der Nahostszene durch Abwesenheit, sowjetische Führer ließen sich zwar im Ägypten von Nasser und in Syrien, doch nie in Israel und schon gar nicht in dessen besetzten arabischen Gebieten blicken.

In Jerusalem und Ramallah betritt Präsident Putin politisches Neuland. Das postkommunistische Russland glänzte bisher auf der Nahostszene durch Abwesenheit, sowjetische Führer ließen sich zwar im Ägypten von Nasser und in Syrien, doch nie in Israel und schon gar nicht in dessen besetzten arabischen Gebieten blicken. Moskau, das Israel zunächst 1948 bei der jungen Uno aus der Taufe gehoben hatte, war bald zum alleinigen Freund der Araber und Helfershelfer der Terroristen geworden. Die Lage der Juden in der Sowjetunion und die Einschränkung ihrer Emigration nach Israel stellten weitere Konfliktpunkte dar.Nach der Wende wurden die Russen viel zu schwach, um sich weiter für die arabische Seite stark zu machen. Die jüdische Auswanderung nach Israel läuft auf vollen Touren, wo sie den Geburtenschwund kräftig ausgleicht. Gerade Scharon, der sich auf die Stimmen dieser Ostjuden stützt, hat jetzt guten Grund, sich mit Putin weiter ins Einvernehmen zu setzen. Dazu kommt – wie einst zur Zarenzeit – ein frischer, christlich-religiös verbrämter Antisemitismus in Russland. Er beunruhigt die Israelis, die daher jetzt von Putin energisches Eingreifen verlangten.Richtig glücklich sind die Palästinenser über das Wiedererscheinen der Russen in Nahost. Zur Zeit kann ihnen Putin allerdings nicht mehr als eine Neuauflage der alten Sowjetforderung nach Internationalisierung der Palästinafrage bieten: USA, Nato und EU dürften östlich vom Mittelmeer nicht länger allein das Sagen haben. Putin selbst hat beim Besuch im auch für die Russen erneut Heiligen Land vorrangig seine Popularität daheim im Auge: Als Jerusalem-Pilger zum orthodoxen Osterfest am 1. Mai gewinnt er bei den zu an die 90 Prozent wieder gläubigen Russen an Heiligenschein. nachrichten.red@volksfreund.de

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