Angst vor der Bruchlandung

Hahn · Graue Wolken am Himmel, triste Stimmung vor dem Terminal: Bei einer Kundgebung zeigten sich viele Hunsrücker besorgt, dass der Hahn in die Pleite geht. Die Politiker-Reden entfachten keine Begeisterung. Mitarbeiter des Airports schimpften, am wirklichen Kern seien diese vorbeigegangen - an ihrer Existenz.

Hahn. Als sie allen Politiker-Reden still gelauscht haben, steht eine Gruppe von Männern vor dem Flughafen Hahn. Sie fuchteln mit den Händen, rauchen und fluchen. "Es geht uns beschissen", wettert einer aus der Runde, der am Hunsrück-Airport arbeitet, seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte. Er hat Sorgen, weil dem Hahn das Aus droht. "Ich habe mir erst vor wenigen Monaten ein Haus gekauft und einen Kredit von 250 000 Euro aufgenommen", erzählt er und bläst kräftig den Zigarettenrauch aus. "Natürlich frage ich mich jetzt, wie es weitergeht."
Antworten vermisst der Mitarbeiter auch am Wochenende, bei einer Demonstration am Hahn. 200 Menschen tummeln sich vor dem Terminal. Nach dem geplatzten Verkauf des Flughafens an den dubiosen chinesischen Investor SYT hat sich die Lage verfinstert. Die Landesregierung will den Hahn verkaufen, nun muss sie erneut mit Bietern verhandeln. Scheitert sie, steht der finanziell klamme Flughafen vor der Pleite. 2500 Arbeitsplätze hängen am Airport. Einige von ihnen kämpfen dort am Wochenende um ihre Zukunft. Fast symbolisch hängen graue Regenwolken über dem Terminal. "Keine Bruchlandung für den Flughafen Hahn" oder "Der Hahn muss fliegen" steht auf Transparenten, die Demonstranten in die Höhe halten.
Es ist kein leichter Gang, den Innenminister Roger Lewentz (SPD) auf sich nimmt. Er begleitet die Kundgebung und stellt sich den Mitarbeitern. "Wir tragen Verantwortung für Fragezeichen, Sorgen und Nöte", sagt er. Pfiffe und Buh-Rufe bleiben aus. Beobachter wundert das, Mitarbeiter nicht. "Die Leute kochen innerlich, halten sich aber noch zurück", sagt einer.
Die Attacke übernehmen andere. Der CDU Bundestagsabgeordnete Peter Bleser sagt: "Wenn Personen die Verantwortung verspielt haben, müssen sie ausgetauscht werden." Lewentz guckt ihn düster an, dann kritzelt er einige Notizen auf ein Papier. Alexander Licht, CDU-Fraktionsvize im Landtag, schimpft, er hätte die chinesischen Bieter direkt aus dem Raum geworfen.
Doch die Worte finden auf der Demo kaum Anklang. Wenige Menschen klatschen bei den politischen Angriffen, viele verschränken die Arme, Jörg Munsteiner ärgert sich sogar. "Die Leute haben die Nase voll von den politischen Scharmützeln. Sie sehnen sich nach Geschlossenheit, um eine Lösung für den Hahn zu finden", mahnt der Betriebsratsvize am Hahn. Und steht damit nicht alleine.
Ulrike Schulte sagt, sie sei guter Dinge, dass die Regierung einen neuen Käufer finde. Seit 1998 arbeitet sie am Hahn, im Hunsrück lebt sie. Ihre drei kleinen Kinder naschen bei der Demo ein Eis und bauen aus Regenschirmen einen Unterschlupf. "Auch für sie kämpfen wir hier", meint die 46-Jährige.
Nicht alle blicken gelassen in die Zukunft. Die Männer-Runde am Flughafen löst sich langsam auf, nach der Demo geht es zurück an die Arbeit. Der Mitarbeiter, der seinen Namen nicht nennen will, ist enttäuscht. "Das war doch alles Blabla, um uns ging es doch gar nicht wirklich", sagt er über die Reden. Was er glaubt, wie es nun weitergeht? "Die Hoffnung stirbt zuletzt", antwortet er. "Doch ich weiß langsam nicht mehr, woraus ich diese Hoffnung ziehen soll."

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