Anti-IS-Bündnis zielt auf "Kopf der Schlange"

Paris · Die Verteidigungsminister des Militärbündnisses gegen den Islamischen Staat trafen sich am Mittwoch in Paris. Die Allianz will die Angriffe ausweiten und mehr Ausbilder schicken.

Paris. Er galt als Symbolfigur der Grausamkeiten des Islamischen Staats: der Brite Jihadi John. Die gute Nachricht vom Tod des Henkers westlicher Geiseln bei einem US-Drohnenangriff kam kurz vor Beginn eines Treffens der Anti-IS-Koalition in Paris. Die Verteidigungsminister von sieben Ländern, darunter Deutschland, konnten sich allerdings nicht auf der Erfolgsmeldung ausruhen.
Zu groß sind die Aufgaben, die noch auf die Alliierten warten. "Der Augenblick ist gekommen, den Kopf der Schlange anzugreifen", sagte der britische Verteidigungsminister Michael Fallon im Vorfeld der Zeitung Financial Times. Er forderte, die Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien und im Irak stärker auf Erdölanlagen, Lager, Nachschubrouten und Kommandozentren zu konzentrieren.
Das bedeutet einen Strategiewechsel, nachdem die Alliierten im vergangenen Jahr vor allem Luftunterstützung für die mit ihnen verbündeten Kurden und Iraker geleistet hatten. Der neue Kurs birgt allerdings auch Risiken, da die von Fallon skizzierten Ziele stärker in städtischen Gebieten liegen. "Es ist nicht möglich, das Risiko ziviler Opfer auszuschließen", räumte der Verteidigungsminister ein. Das Bündnis kann im Kampf gegen die Dschihadisten erste Erfolge verzeichnen: So verlor der IS im Irak gut ein Viertel seines Geländes und in Syrien zehn Prozent. Auch das Geld scheint den Extremisten auszugehen, die rund 30 000 Kämpfer haben sollen. Wegen "außergewöhnlicher Umstände" kürzte der IS deren Sold um die Hälfte, wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Nun will die Koalition nicht nur ihre Angriffsziele ausweiten, sondern auch mehr Ausbilder nach Syrien und in den Irak schicken.
"Ich erwarte, dass die Zahl der Ausbilder steigt und auch die Bandbreite des Trainings, das sie anbieten", sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter laut US-Medien auf dem Flug nach Paris. Eine Zahl wollte Carter nicht nennen, der zusammen mit dem französischen Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drin Gastgeber des Treffens war.
Frankreich hatte sich nach langem Zögern erst im September der Koalition gegen den IS in Syrien angeschlossen. Die Regierung reagierte damit auf die Ausbildung potenzieller Attentäter in den syrischen Lagern der Miliz. Doch nur wenige Wochen nach den ersten französischen Luftangriffen folgten am 13. November die Anschläge von Paris mit 130 Toten, zu denen sich der IS bekannte. "Das ist für Syrien" riefen die Islamisten, die den Konzertsaal Bataclan mit Kalaschnikows und Sprengstoffgürteln bewaffnet überfielen. Aus Solidarität mit Frankreich schlossen sich Deutschland und Großbritannien nach den Attentaten dem Anti-IS-Bündnis in Syrien an.
Die Bundeswehr beteiligt sich mit einer Versorgungsfregatte, Tankflugzeugen und Tornado-Aufklärungsflugzeugen. Das Treffen der Verteidigungsminister der Koalition, der auch noch Australien, die Niederlande und Italien angehören, war das erste überhaupt. Russland, das auch Angriffe in Syrien fliegt, war nicht eingeladen. Grund ist die Nähe der russischen Regierung zum syrischen Machthaber Baschar al-Assad.
Die USA setzen statt dessen auf andere Verbündete, beispielsweise die Golfstaaten, die seit einigen Monaten vor allem im Jemen gegen die Huthi-Rebellen im Einsatz sind. "Einige Länder könnten viel mehr machen", sagte Verteidigungsminister Carter vergangene Woche Richtung Saudi-Arabien & Co.Extra

Für Millionen Menschen auf der Welt war er die Verkörperung des Bösen, die Grausamkeit in Person - die Terrormilizen des IS nennen ihn dagegen einen Märtyrer. Doch die Karriere von "Dschihadi John" war nur kurz. Als Junge soll er schüchtern gewesen sein. Er spielte Fußball, hatte aber keinen Erfolg bei den Mädchen, studierte Informatik. Doch das war in seinem "ersten Leben", in London. In seinem "zweiten Leben" hatte er dann seinen ersten großen makabren Auftritt im Sommer 2014 in Syrien: Mit schwarzem Gewand stand er im Wüstensand, in der Hand das Messer, mit dem er sein Opfer enthauptete. Sein Antlitz war vermummt, doch er wurde zum "Gesicht des Terrors". Und die Welt gab ihm einen Namen: "Dschihadi John". Noch heute ist letztlich unklar, was den Jungen aus London in die Arme der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) getrieben hat. Was ihn zum Schlächter werden ließ. Jetzt bestätigte der IS den Tod des Killers. Eine Drohne habe am 12. November in der ostsyrischen Stadt Al-Rakka das Auto getroffen, in dem er saß. dpa

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