Appell zur Wachsamkeit nach IS-Attentat in Frankreich

Paris · Nach dem Attentat auf einen Polizisten und seine Lebensgefährtin gibt es weitere Terrorwarnungen für Frankreich. Der deutsche und der französische Innenminister fordern zu mehr Wachsamkeit auf.

Oft hat Bernard Cazeneuve in den vergangenen Monaten Traueransprachen gehalten. Jedes Mal, wenn ein Polizist gewaltsam ums Leben kam, hatte der französische Innenminister diese traurige Pflicht. So auch am Mittwoch, um an den Polizisten Jean-Baptiste Salvaing und seine Lebensgefährtin Jessica Schneider zu erinnern, die in ihrem Haus in Magnanville bei Paris Opfer eines Dschihadisten wurden. Cazeneuve rief in seiner kurzen Ansprache zu "absoluter Wachsamkeit" auf. Der Appell fällt mit der Warnung vor neuen Anschlägen in Frankreich und Belgien zusammen.

An der Gedenkzeremonie im Pariser Innenministerium nahm auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière teil, der zuvor wie sein französischer Kollege mehr Wachsamkeit gefordert hatte. "Wir brauchen in der Bevölkerung eine erhöhte Achtsamkeit, wenn sich Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde radikalisieren", sagte er der "Rheinischen Post". De Maizières Reise nach Paris war schon länger geplant gewesen, geriet nach dem tödlichen Angriff auf das Polizistenpaar aber zu einem Akt der Solidarität mit Frankreich. Denn das Land, das noch bis 10. Juli die EM ausrichtet, ist nach Ansicht seines Inlandsgeheimdienstes das Ziel Nummer eins des IS.

Aus Belgien kam am Mittwoch eine weitere Terrorwarnung. Die Zeitung "La Dernière Heure" berichtete unter Berufung auf die Anti-Terror-Zelle des Landes von einem Islamistenkommando, das von Syrien aus über die Türkei und Griechenland auf dem Weg nach Europa sei. Dort wolle sich die Gruppe aufteilen, um dann in Zweierzellen in Belgien und Frankreich Anschläge zu verüben. Die Waffen dafür hätten die Kämpfer schon: "Ihre Aktion steht kurz bevor.""Lasst Frankreich erzittern"

Laut De Maizière sind sowohl Anschlagsszenarios mit Einzeltätern als auch international koordinierte Angriffen möglich. Der Attentäter von Magnanville, Larossi Abballa, galt nach ersten Erkenntnissen als "einsamer Wolf". Er hatte sich in einem Video direkt nach seiner Tat zum IS bekannt und davor gewarnt, die EM in einen "Friedhof" zu verwandeln. In einer zwölf Minuten langen Botschaft forderte er mögliche Gefolgsleute auf: "Greift die Ungläubigen mit euren Mitteln an, lasst Frankreich erzittern." Ziele seien neben den Angestellten der Haftanstalten auch Polizisten, Journalisten, Abgeordnete, Bürgermeister und Rapper. Sogar Namen von Persönlichkeiten, die inzwischen unter Polizeischutz stehen, nannte Abballa.

Bereits 2011 hatte der 25-Jährige in einer Mail zu Anschlägen in Frankreich aufgerufen. Aufgabe sei es, das Land von "Ungläubigen zu reinigen", zitierte die Zeitung "Le Monde" aus einem Mailwechsel. Die Richter, die Abballa wegen Vorbereitung von Terrorakten zu drei Jahren Haft verurteilten, warnten damals: "Gewaltsame Handlungen auf dem Staatsgebiet sind nicht auszuschließen."

Doch nach seiner Haftentlassung im Jahr 2013 verhielt der 25-Jährige sich zunächst unauffällig. Vor vier Monaten geriet der Sohn marokkanischer Einwanderer allerdings ins Visier der Geheimdienste, da er Kontakt mit einer Familie hatte, die nach Syrien ging. Die Abhörprotokolle hätten aber nichts ergeben, sagte Staatsanwalt François Molins am Dienstag. Regierungschef Manuel Valls wandte sich gegen Vorwürfe, dass die Geheimdienste nach der Entlassung Abballas zu lasch gewesen sein. Ihnen sei weder Nachlässigkeit noch mangelndes Urteilsvermögen vorzuwerfen, sagte der Premierminister im Radio. Der Sozialist lehnte auch den Vorschlag der konservativen Opposition ab, radikalisierte Franzosen ohne Verurteilung in speziellen Zentren unterzubringen. "Es ist gefährlich, Überwachen und Einsperren zu vermischen."

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