Atomkraft: Bremse statt Brücke

Während die Politik streitet, wie lange Deutschlands Atommeiler laufen sollen, beziehen Stadtwerke und kleine Energieversorger klar Stellung: "Eine Laufzeitverlängerung ist Gift für den Wettbewerb." Im Ausland setzen indes viele Staaten langfristig auf Atomstrom.

Berlin/Trier. Noch herrscht Unklarheit, wie lange die deutschen Atomkraftwerke weiter am Netz bleiben dürfen, doch allein schon die Planspiele, die von zehn bis 15 oder 20 Jahren ausgehen, sorgen für heftigste Diskussionen und Widerstand.

Stadtwerke-Bündnis warnt vor längeren Laufzeiten



Eines der führenden Stadtwerke-Bündnisse in Deutschland hat vor teureren Strompreisen bei Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke gewarnt. Der Geschäftsführer des Netzwerks Trianel, Sven Becker, sagte, die von der Regierung geplante Verlängerung sei "Gift für den Wettbewerb". Sie führe dazu, dass "der Kunde die Zeche zahlt, weil der Markt verschlossen wird und ein Oligopol für überteuerte Strompreise sorgt".

Über die Tochter- und Beteiligungsgesellschaften sowie Partnerschaftsverträge sind mehr als 80 Stadtwerke in Deutschland, Frankreich, Spanien, Luxemburg und der Schweiz mit Trianel verbunden.

Auch die Stadtwerke Trier (SWT) sind dem Netzwerk angeschlossen. Die Stadtwerke Trier Versorgungs-GmbH ist mit 1,68 Prozent an dem Stadtwerke-Bündnis Trianel beteiligt. Stadtwerke-Chef Olaf Hornfeck will trotz der anhaltenden Diskussion an den Plänen des Trierer Energieunternehmens festhalten: "Unser Ziel bleibt es weiterhin, den Ausbau der dezentralen Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien und energieeffizienter Technik in der Region voranzutreiben. Und daran wird sich auch nichts ändern." Hier gebe es stabile politische Rahmenbedingungen. Da sowohl für Windkraft- als auch für Photovoltaik-Projekte die Vergütungssätze gesetzlich festgelegt sind, bleibe auch die Wirtschaftlichkeit weiterhin gegeben, so die Ansicht der SWT. "Deshalb wird sich aus SWT-Sicht auch der Ausbau der erneuerbaren Energien trotz Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke nicht verlangsamen", glaubt der SWT-Vorstandsvorsitzende Olaf Hornfeck.

Der Energieversorger LichtBlick, nach eigenen Angaben Ökostrom-Marktführer, kritisiert eine mögliche Laufzeitverlängerung. LichtBlick-Vorstandsvorsitzender Christian Friege: "Die Brücke in das regenerative Zeitalter ist längst errichtet. Längere Laufzeiten bremsen dringend erforderliche Investitionen in alternative Energien. Das ist ein herber Rückschlag für Klimaschutz und Wettbewerb. Atomkraft ist keine Brücke, sondern eine Bremse." LichtBlick verweist darauf, dass Atom- und Ökostrom auf Dauer nicht in ein Stromsystem zu integrieren sind, und warnt vor einem wirtschaftlichen Konflikt zwischen alter und neuer Energie. Der Grund: Atommeiler sind nach Meinung von LichtBlick nicht flexibel genug, um auf die wetterbedingt schwankende Erzeugung von Windstrom reagieren zu können.

Frankreich und England setzen auf Atomstrom



In den meisten europäischen Staaten spielen indes erneuerbare Energien nur eine Nebenrolle. Vor allem Frankreich setzt weiter auf die Meiler-Technologie: Rund 80 Prozent des Stroms werden dort von 58 Reaktoren erzeugt. In den kommenden Jahren sollen zwei sogenannte Druckwasserreaktoren ans Netz gehen. Sogar acht neue Atommeiler sollen bis 2018 in Großbritannien den Betrieb aufnehmen, und in Finnland stehen drei weitere Atomenergieanlagen vor der Fertigstellung. Vielfach sind die beiden deutschen Energieversorger RWE und Eon daran beteiligt.

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