„Atomkraft ist keine Brückentechnologie, sondern eine Brückensperre“

Trier · Hermann Scheer ist Mitglied im Bundesvorstand der SPD und Vordenker eines ökosozialen Umbaus der deutschen Gesellschaft. 1999 ist er für sein Engagement für Solarenergie mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden.

Am Rand seiner Rede zum ersten Mai in Trier hat er sich Fragen unserer Mitarbeiterin Anke Emmerling gestellt.

Herr Scheer, wie bewerten Sie die aktuelle Kürzung der Einspeise-Vergütungen für Solarstrom?

Hermann Scheer: Die ebenso abrupte wie drastische Kürzung ist sehr problematisch. Sie wird Einbrüche in einem der technisch und ökologisch wichtigsten Zukunftssektoren Deutschlands zur Folge haben. Wer Anlagen produziert, muss sich längerfristig einstellen können, das war in diesem Fall nicht möglich.

Was halten Sie von der Errichtung von Wind-Offshore-Parks auf hoher See?

Scheer: Gar nichts. Denn der Aufwand, der dafür betrieben werden muss, zum Beispiel die Verlegung der Kabel, ist so teuer, dass er den Vorteil des billigen Windstroms wieder auffrisst. Es wird also kein preiswerter sondern teurer Strom produziert. Das wird nur gemacht, weil die großen Energiekonzerne dahinter stehen.

Sie machen sich sehr für die Einführung von Elektroautos stark, doch woher soll der regenerativ erzeugte Strom dafür kommen?

Scheer: Wenn alle PKWs elektrisch betrieben würden, müssten wir 15 Prozent mehr Strom als jetzt produzieren. Um sicherzustellen, dass er aus erneuerbaren Quellen stammt, habe ich gerade einen Vorschlag an die Automobilindustrie erarbeitet: Gekoppelt an die Produktion einer Elektroautoflotte müsste sie eine auf deren Größenordnung abgestimmte Investition in erneuerbare Energien leisten.

Wie denken Sie über die Rechtfertigung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken mit dem Argument der „Brückentechnologie“?

Scheer: Atomkraft ist keine Brückentechnologie, sondern eine Brückensperre gegen erneuerbare Energien.

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