Attentate, Abhör-Aktionen und "Amtshilfe" für Mafiosi

Der US-Geheimdienst hat Akten veröffentlicht, in denen unlautere Spionagepraktiken und Attentatspläne der Behörde dokumentiert sind. So sollte Diktator Fidel Castro Anfang der 1960er-Jahre vergiftet werden.

Washington. Das Kopfgeld war sechsstellig: Mit 150 000 US-Dollar wollte der US-Geheimdienst CIA zwei Ganoven belohnen, falls es diesen gelingen würde, dem kubanischen Diktator Fidel Castro eine Gift-Pille ins Essen zu mischen. Doch die Mordversuche schlugen fehl, weil es den beiden über einen Mittelsmann kontaktierten Männern nicht gelang, auf Kuba Vertraute für den Coup zu finden. Im April 1961 legten CIA-Beamte deshalb die Bemühungen zu den Akten. Brisante Dokumente, die dann jahrzehntelang zu den streng geheimen "Familien-Juwelen" der Spionageagentur zählten, aber jetzt im Detail erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Auf 702 Seiten, die seit 1973 für wenige Eingeweihte zugänglich in einem Safe schlummerten, ergibt die Lektüre das Bild eines Geheimdienstes, der sich nach seiner Gründung im Jahr 1947 in den frühen Jahren seiner Existenz wenig um geltende Gesetze kümmerte und sich in seinen Methoden nicht zimperlich zeigte. Abhör- und Postkontroll-Aktionen zählten ebenso zur Tagesordnung wie das Bespitzeln von Friedensaktivisten wie der Schauspielerin Jane Fonda. Auch Attentate plante die CIA. Dass sie politischen Anweisungen von oben folgte, wurde insbesondere unter Präsident Lyndon B. Johnson deutlich. Dieser war fest davon überzeugt, dass die Antikriegs-Bewegung in den USA von kommunistischen Regierungen kontrolliert und finanziert wurde und setzte deshalb 1967 ein Überwachungsprogramm in Gang. Sieben Jahre lang lief die Aktion - geführt von CIA-Offizieren, die sich lange Haare und Bärte wachsen ließen, um dann Friedensgruppen in den USA und in Europa zu unterwandern. Auch die Freie Universität Berlin war dabei wegen der dort tobenden Studentenunruhen von Interesse. Innerhalb der USA legte die CIA eine geheime Datensammlung von rund 300 000 verdächtigen Personen und Organisationen an. Doch die Ergebnisse waren eher mager. Die CIA-Zuständigen bilanzierten, es habe zwar "Kontakte zwischen Kriegsgegnern zu Hause und im Ausland" gegeben, doch für eine kommunistische Steuerung fehlten am Ende klare Indizien. Dabei hatte die CIA zu Methoden gegriffen, die durchaus Stasi-Qualität besaßen. So wurde jahrelang der gesamte Postverkehr von US-Bürgern mit der Sowjetunion kontrolliert, der über den New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen lief. Sobald abends Postbeamte nach Hause gegangen waren, fielen CIA-Angestellte ein. Sie fotografierten ein- und ausgehende Briefe und Postkarten. Darunter waren auch vier Briefe, die an die Schauspielerin Jane Fonda gerichtet waren - eine erbitterte Gegnerin des Vietnam-Kriegs. Wenn es um illegale Gefälligkeiten für Informanten oder Helfershelfer ging, zeigten sich die "Schlapphüte" zeitweise wenig zimperlich. So wurde ein CIA-Techniker im Jahr 1960 von der Polizei in Las Vegas verhaftet, als er versuchte, in einem Hotelzimmer eine "Wanze" zu platzieren. Diese Aktion war, so zeigen die Akten, von einem bekannten Mitglied der Mafia in Chicago erbeten worden, der damals der CIA bei den geheimen Planungen für das Gift-Attentat auf Fidel Castro helfen sollte. Der Mafioso war besorgt, dass seine Freundin eine Affäre mit einem Komödianten hatte, und bat den Geheimdienst um Hilfe. Dieser wollte es sich mit dem Ganoven nicht verderben und setzte eine Überwachung des Komikers in Gang. Dienstauftrag: "den Umfang der Intimitäten" festzustellen. Anstelle von Informationen gab es für den CIA-Techniker eine Nacht in der Polizeizelle. Die betreffende Dienstakte verschwand - wie hunderte andere - für Jahrzehnte im Tresor.

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