Auf den Geschmack gekommen

Wenn Stephan Ackermann als neuer Bischof von Trier inthronisiert wird, verliert Robert Brahm seinen Job als Diözesan-Administrator. Der 52-Jährige war seit dem Weggang von Reinhard Marx eine Art "Ersatz-Bischof". Brahm habe einen Top-Job gemacht, heißt es in Kirchenkreisen. Und er selbst sagt: "Ich bin auf den Geschmack gekommen."

 „Bis zur Einführung des neuen Bischofs geht noch alles über meinen Tisch“, sagt Robert Brahm. TV-Foto: Friedemann Vetter

„Bis zur Einführung des neuen Bischofs geht noch alles über meinen Tisch“, sagt Robert Brahm. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Als Robert Brahm Ende November 2002 zum damaligen Trierer Bischof gerufen wurde und Reinhard Marx ihm eröffnete, dass er den Ordinariatsrat im Generalvikariat zum Weihbischof ernennen wolle, da bat Brahm um Nachsicht: "Herr Bischof", meinte der damals 46-jährige Priester zu Marx, "das ist nichts für mich. Ich bin eher ein Mann der zweiten Reihe." Der Herr Bischof zeigte sich davon nicht sonderlich beeindruckt: Knapp zwei Wochen später gab Reinhard Marx die Namen der beiden neuen Trie rer Weihbischöfe, Robert Brahm und Jörg Peters, bekannt.

Wenn der scheidende Diözesan-Administrator diese Anekdote heute erzählt, muss er selbst schmunzeln. Denn dass Robert Brahm durchaus ein "Mann für die erste Reihe" ist, hat er in den knapp 16 Monaten unter Beweis gestellt. Seit Reinhard Marx im Februar 2008 als Erzbischof von München und Freising eingeführt wurde, leitet der dienstälteste Weihbischof Brahm in Trier die Geschäfte des Bistums. Zwar darf Brahm in der sogenannten Sedisvakanz im Prinzip keine Entscheidungen treffen, die den neuen Bischof binden. Aber als Interims-Oberhaupt der ältesten deutschen Diözese mangelt es auch so nicht an Arbeit und Verpflichtungen.

Das musste Robert Brahm schon kurz nach seinem Amtsantritt als "Übergangs-Bischof" feststellen.

Das letzte Wort hat immer der Chef



Eigentlich hatte der Weihbischof nämlich geplant, trotz vorübergehender Beförderung alle Termine in seinem saarländischen Visitationsbezirk (Zuständigkeitsbereich) auch brav einzuhalten. Unmöglich, wie sich rasch herausstellte. "Die tägliche Post, die zahlreichen Anfragen, Gesprächswünsche, Gottesdienste und Vorträge - ich habe schnell gemerkt, dass das alles nicht so geht wie geplant", sagt Brahm rückblickend. Er verschob angesetzte Visitationen und bekam so mehr Luft für seinen Job an der Spitze des Bistums.

"Nein", sagt der "Interims-Bischof", "Bammel, dass ich die Aufgabe womöglich nicht schultern könnte, hatte ich nie." Und man stehe schließlich nicht alleine da: "Da sind ja noch der Generalvikar, die anderen Weihbischöfe, das Domkapitel."

Bloß: In einer streng hierarchisch aufgebauten Organisation wie der katholischen Kirche ist es am Ende immer der Chef, der das letzte Wort hat. Das dazu nötige Selbstbewusstsein bringt der Diözesan-Admini-strator inzwischen mit; jener Robert Brahm, den Mitbrüder nach seiner Ernennung zum Weihbischof noch als "eher in-trovertiert" charakterisierten. Brahm hat seitdem an Bekanntheit und Statur gewonnen, erst recht in den vergangenen 16 Monaten. "Ich bin als Persönlichkeit gewachsen", räumt der früher bisweilen eher schüchtern wirkende 52-Jährige selbst unumwunden ein.

Würde seine Zeit als Diözesan-Administrator von Gläubigen oder Priestern benotet, müsste sich Robert Brahm über seine Versetzung keine Gedanken machen. Im Gegenteil. Wer sich in den Wochen vor der Ernennung Stephan Ackermanns umhörte, wer denn der geeignete Marx-Nachfolger sei, bekam immer häufiger auch den Namen des dienstältesten Trie rer Weihbischofs zu hören.

Spricht man Robert Brahm darauf an, muss er schmunzeln. "Ja", sagt der scheidende Übergangs-Bischof ohne falsche Bescheidenheit, "ich bin auf den Geschmack gekommen." Aber er gebe das Amt am übernächsten Sonntag auch gerne wieder ab: "Ich weiß ja, wer es bekommt."

Stephan Ackermann, das gilt in Kirchenkreisen als offenes Geheimnis, ist Robert Brahms Wunsch-Besetzung für den Spitzenplatz in der ersten Reihe.

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