Auf der Seite der Menschen

Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für die katholische Kirche. Das Plazet für neue Bestattungsformen war sicher keine leichte Entscheidung des Trierer Bischofs. Die Frage des würdigen Umgangs mit den sterblichen Überresten eines Menschen war ein Kern-Element des Christentums schon in seiner Entstehungsphase vor 2000 Jahren.

Da tut man sich schwer mit Veränderungen. Aber die Entscheidung ist richtig. Gerade der Respekt vor dem Leben und dem Tod gebietet es, am Willen der betroffenen Menschen nicht vorbei zu gehen. Und Fakt ist, dass immer mehr Menschen etwas anderes wollen als die klassische Erdbestattung. Nicht, weil sie einem krankhaften Invidualismus frönen, sondern weil sie einen Platz der Bestattung und eine Art des Gedenkens wünschen, mit denen sie sich emotional wohlfühlen können. Das muss nicht zwangsläufig der kommunale Friedhof sein. Wer als Katholik einen alternativen Weg bevorzugte, musste bislang meist auf den Beistand seiner Kirche verzichten. Für Leute, denen der Glaube wenig bedeutet, kein Problem. Aber gerade ihre überzeugtesten Gläubigen stürzte die katholische Kirche in einen schlimmen Interessenkonflikt. Das Bistum Trier stellt sich nun auf die Seite der Menschen statt auf die Seite der Dogmen. Dabei wird man trotzdem nicht beliebig. Die Anforderungen, die die Kirche an den würdigen Rahmen der Totenruhe stellt, fallen ja nicht einfach weg. Sie gelten auch im Friedwald. Aber die neue Beweglichkeit lässt hoffen, dass in die hierzulande extrem starre Bestattungskultur etwas frischer Wind kommt - wie es in anderen mitteleuropäischen Ländern längst der Fall ist. Nur so dürfte der Trend zum kostengünstigen, anonymen Verstreuen der Asche in Luxemburg zu bremsen sein. d.lintz@volksfreund.de

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