Auf Konfrontationskurs

Mit der Mahnung an US-Präsident George W. Bush, im Atomstreit mit dem Iran alle militärischen Optionen zu vergessen, hat sich Gerhard Schröder erneut auf direkten Konfrontationskurs zum Texaner begeben.

Mit der Mahnung an US-Präsident George W. Bush, im Atomstreit mit dem Iran alle militärischen Optionen zu vergessen, hat sich Gerhard Schröder erneut auf direkten Konfrontationskurs zum Texaner begeben. Was bei der Aufforderung des "Friedenskanzlers" allerdings unter den Tisch fiel, sind zwei Tatsachen: dass Bush im Prinzip nur eine bisher von allen amerikanischen Präsidenten verfolgte Doktrin fortsetzt, nach der es generell für unklug gehalten wird, von vornherein bestimmte Optionen völlig auszuschließen, aber einen Waffengang dabei nur als "allerletzte" Möglichkeit ansieht. Nur so könne man eine starke Verhandlungsposition einnehmen, so die Auffassung in Washington - eine Meinung, der übrigens auch die Demokraten zustimmen. Zum anderen lässt Schröder unerwähnt, dass es den USA aufgrund des aktuellen Engagements im Irak und in Afghanistan personell gar nicht möglich sein würde, in absehbarer Zeit ein neues Schlachtfeld zu eröffnen. Allein im Irak werden derzeit schon Reserve-Einheiten über Gebühr beansprucht. Zeit für Verhandlungen mit einem totalitären Regime, dessen kalkuliertes Katz- und Maus-Spiel bisher so gut wie keine Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung gibt, ist also reichlich vorhanden.

Mit dem voreiligen Verzicht auf eine Zustimmung zu einem Militärschlag als letzte Konsequenz wurde jetzt allerdings die europäische Position ohne Not erheblich geschwächt - eine Entwicklung, die fatal an die letzten Wochen vor dem Kriegsausbruch im Irak erinnert, als französische und russische Emissäre in Bagdad dem langjährigen Geschäftspartner Saddam Hussein im Vertrauen mitteilten, man werde alles erdenklich Mögliche tun, um eine weitere UN-Resolution zu verhindern. Und vergleicht man - mit Hilfe der heute bekannten Fakten - das damalige Bedrohungspotenzial durch den Irak mit dem des heutigen Regimes in Teheran, so fällt der Schluss relativ leicht, dass der Iran heute dem Westen wesentlich größeres Kopfzerbrechen bereiten sollte. Während der Irak ganz offensichtlich zum Zeitpunkt des Einmarsches keinerlei Massen-Vernichtungswaffen mehr besaß, strebt der Iran angesichts der auch der IAEO vorliegenden Informationen in diese Richtung.

Wer dies mit dem Hinweis abtut, auch der Regierung in Teheran stehe prinzipiell das Recht zur Urananreicherung und damit letztlich auch zur Möglichkeit des Baus von Nuklearwaffen zu, verkennt die Unberechenbarkeit der religiösen Hardliner und Fanatiker innerhalb des Regimes. Hier handelt es sich keinesfalls um pazifistische Chorknaben. Schon heute gibt es klare Indizien dafür, dass Teheran mit Bombenlieferungen an die Extremisten im Irak weiter aktiv die Destabilisierung des Nachbarn fördert. Und am Freitag wurde bei einer Predigt des früheren iranischen Präsidenten Rafsandschani einmal mehr deutlich, dass die USA und Israel als "großer" und "kleiner" Satan gelten - verbunden mit unverhohlenen Todesdrohungen gegen dessen Bürger.

Dies ist keinesfalls ein rationales Klima, in dem beispielsweise ein atomarer Erstschlag der Mullahs oder einer befreundeten Terrorgruppe gegen Israel - als Eskalation des auch von Teheran mitgetragenen "Dschihad" ("Heiligen Krieges") islamischer Radikalisten gegen die "Ungläubigen" - künftig ausgeschlossen werden kann. Doch nachdem jetzt das EU-Trio - durch Gerhard Schröder - die eigene Verhandlungsposition aus purem Wahlkampf-Kalkül geschwächt hat, ist ein Scheitern der Gespräche mit Teheran programmiert. Und was dann, EU? Die Antwort dürfte vermutlich irgendwann Israel liefern, dass einem Fortschreiten des iranischen Atomprogramms und der damit verbundenen existenziellen Gefährdung des jüdischen Staates wahrscheinlich nicht jahrelang zusehen wird.

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